Großes für die Ohren
Für die Schallwandler setzt Ultrasone nach eigenen Spezifikationen gefertigte 40mm-Chassis ein, deren Membrane mit Titan beschichtet sind - soweit ein übliches, bewährtes Prinzip. Nicht direkt dem Klang, aber möglicher Weise dem Wohlbefinden zuträglich ist die von Ultrasone entwickelte und patentierte ULE-Technologie. Hierbei schirmt eine aus MU-Metall hergestellte Trennwand den Luftraum vor dem Ohr von der Elektrik des Schallwandlers ab, um niederfrequente Emissionen zu reduzieren.
Doch das ganz besondere Feature des Edition 5 Unlimited heißt: „S-Logic EX“. Diese patentierte, erstmals im Edition 5 Limited vorgestellte Technologie stellt eine Weiterentwicklung des 2009 eingeführten S-Logic und des darauf folgenden S-Logic Plus dar. S-Logic dient dazu, auch mit einem Kopfhörer einen im Binnenverhältnis richtig proportionierten und weitläufigeren Raumeindruck erleben zu können. Zu viel Nähe ist auch hierbei suboptimal, darum haben die Schallwandler der mit S-Logic ausgestatteten Modelle eine größere Distanz zum Ohr, als bei Kopfhörern üblich. Deshalb kann die Ohrmuschel besser ihre natürliche Funktion ausüben: Schall auffangen, etwas zerstreuen und so die räumliche Ortung ermöglichen. Jahrelange Optimierung dieses Prinzips führte dann zur aktuellen S-Logic EX, bei der die Schallwandler innerhalb der Ohrschalen nach vorne und nach unten eingewinkelt ausgerichtet sind.
Welches audiophile Potenzial steckt also im Edition 5 Unlimited? Um das zu testen, habe ich ihn anfangs für unterwegs praxisüblich, aber weit „unter Standard“ gehört: An einem iPhone, ohne Kopfhörer-Verstärker, aber immerhin natürlich nur mit Files im AIF-Format, von denen einige im Original Hires-FLACs sind. Hierbei beweist der Edition 5 Unlimited seine volle Alltagstauglichkeit, denn er spielt gar nicht müde ´drauf los und zeigt bereits seine Charakteristik: Sehr ausgewogen, sehr fein differenzierend und - überraschend räumlich. Also schnell Schluss mit den Faxen, dieses edle Stück fordert, sein ganzes Können zu zeigen. Die restlichen Hörtests finden mit der integrierten, wirklich formidablen Kopfhörer-Stufe meines Audia Flight Three, der noch besseren des Audionet SAM G2 und, hauptsächlich, dem Linear SE von Lehmannaudio statt. Adäquat angesteuert geht der Edition 5 Unlimited sehr agil und dynamisch zu Werke, dennoch mag sich, je nach Hörerfahrung und Hörerwartung, nicht sofort ein Aha-Effekt einstellen. Das liegt ganz einfach daran, dass der Edition 5 Unlimited eine vorbildlich ehrliche Haut ist und ihm jegliche Effekthaschereien fremd sind. Der Ultrasone löst grobdynamisch, feindynamisch und tonal hervorragend auf, eine in Nuancen auf Frische und Pseudo-Dynamik abgestimmte Tonalität gibt es hier allerdings nicht einmal ansatzweise - gut so! Statt dessen offenbart der Edition 5 Unlimited jede kleinste Vibration von Klangkörpern und Variation im Tempo, dazu fächert er ein riesiges Klangfarbenspektrum auf.
Sein Tieftonfundament ist ebenso akkurat strukturiert und minutiös aufgefächert wie seine Spielweise insgesamt, der Edition 5 Unlimited zeigt auch im Frequenzkeller eine schiere Fülle von Details und kann absolut straff-trocken reproduzieren.
Zuweilen scheint er eine klitzekleine Vorliebe für Stimmen zu haben - da wären wir schon zwei, mit der Zeit und in Direktvergleichen stellt sich allerdings heraus, dass dieser Eindruck entstehen kann, weil die Stimme vor dem Hörer Gestalt annimmt anstatt vorwiegend tonal präsent zu sein. Das gleiche Phänomen zeigt sich generell beim Hören mit dem Edition 5 Unlimited: Er verführt trotz seiner souveränen, entspannten Ausgewogenheit weniger zu höheren Pegeln, weil der natürlichere Räumlichkeitseindruck einzelnen Schallereignissen und dem Klanggeschehen insgesamt mehr Plastizität verleiht als von Kopfhörern gewohnt.
Tatsächlich gelingt dem Edition 5 Unlimited auch die bei Kopfhörern besonders schwierige Abbildung in die Tiefe, Diana Krall sitzt etwa eineinhalb Meter vor mir, anstatt irgendwo zwischen meinen Ohren oder knapp vor der Nasenspitze fest zu hängen. Dabei wahrt der Edition 5 Unlimited die Charakteristik der Produktion: Holly Cole und Lana Del Rey sind fast „In my Face“, Cassandra Wilson und Cristin Claas treten nicht ganz so nahe, sind jedoch einen Schritt weiter vorn auf der Bühne als Diana Krall. Ebenso bemerkenswert: Falls so aufgenommen, sind die Stimmen deutlich oberhalb der Ohrachse positioniert. Selbst bei großorchestralen Einspielungen ermöglicht der Ultrasone, tief in die Bühne hinein zu hören, schafft bei den Symphonischen Tänzen von Rachmaninoff ordentlich Distanz zwischen den Pauken ganz hinten, den Cellos und Bässen in der Mitte sowie den Violinen und Klarinetten vorne - grandios! Klares Fazit: Es lohnt sich sehr, den Edition 5 Unlimited einmal anzufassen und aufzusetzen, das Highlight-Prädikat des AV-Magazins hat er sich locker verdient.