Technik und Klang
Sonus faber entwickelt die Treiber für seine Lautsprecher grundsätzlich selbst, und häufig werden sie speziell für eine Serie entworfen, doch das Rad kann nicht stets auf’s Neue erfunden werden. Daher verwendet Paolo Tezzon in der Electa Amator III denselben Hochtöner, der in sämtlichen Spitzenmodellen verbaut wird. Dabei handelt es sich um eine 28-mm-Seidenkalotte, die mit der sogenannten Damped Apex Dome-Technologie ausgestattet ist. Sie bedämpft den Mittelpunkt des Kalottendoms, um das Phasenverhalten des Hochtöners zu linearisieren. Während eine Schallführung das Abstrahlverhalten des Hochtöners optimiert, sitzt die gesamte Einheit in einer separaten, halbkugelförmigen Gehäusekammer, die aus Massivholz hergestellt wird. Unterhalb von 2,5 Kilohertz beginnt der Arbeitsbereich des 180-mm-Tiefmitteltöners, der ebenfalls aus dem hauseigenen Regal stammt und sich bereits in den Standlautsprechern Aida, Il Cremonese und Lilium bewährt hat. Für die Verwendung in der Electa Amator III wurde er jedoch modifiziert, weil er bei einem Zwei-Wege-System tiefer herab spielen und daher längere Hübe vollziehen muss. Deshalb spendierte Paolo Tezzon ihm eine größere Schwingspule und ein stärkeres Magnetsystem; außerdem ist die Membran im Bereich der Staubschutzkappe verstärkt. Die Konusmembran wird aus einer Mixtur von Naturfasern geformt: Dem Papierbrei wird unter anderem Kenaf und Kapok beigemischt, um die Verwindungssteifigkeit der Membran zu erhöhen. Abschließend trocknet die in Form gebrachte Materialmischung an der Luft, wobei keine Verfahren zum Einsatz kommen, die den Vorgang beschleunigen würden. Zur Unterstützung des Tiefmitteltöners in unteren Lagen verfügt die Electa Amator III über eine Bassreflex-Abstimmung, die über eine rückseitige Austrittsöffnung mit großem Querschnitt ventiliert.
Obwohl sich diese Kompaktbox wie eingangs erwähnt auch auf Sideboards recht wohl fühlt, muss ich die in diesem Zusammenhang immer gegebene Empfehlung hier mit besonderem Nachdruck aussprechen: Die Electa Amator III profitiert signifikant von einer freieren Aufstellung auf Stativen. Bei einer Distanz zur Rückwand zwischen circa 50 Zentimetern und einem Meter kommen ihre außergewöhnlichen Fähigkeiten in Sachen Bühnenabbildung erst voll zur Geltung - Bedenken wegen eines zu dünnen Tieftons sind unnötig. Zudem empfehlen sich die optionalen Stative auch, weil die bei Sonus faber übliche Verschraubung des Lautsprechers mit der Stellfläche des Stativs mithilfe zweier Bolzen verhindert, dass ein versehentlicher Rempler das Schmuckstück zu Fall bringt. Ein ausgezeichnet produziertes Album wie »Contra la indecisión« vom Bobo Stenson Trio legt binnen Sekunden offen, dass man es mit einem hochkarätigen Schallwandler zu tun hat: Die Electa Amator III arrangiert die klassische Jazz-Besetzung akkurat gestaffelt auf einer wie selbstverständlich durchhörbaren Bühne von realistischen Ausmaßen und ermöglicht zugleich, die Konturen der Instrumente im Geiste mühelos nachzuzeichnen. Faszinierend ist hierbei besonders, wie weit sich ihre Abbildung auch in Richtung des Hörplatzes ausdehnt und dass sich Details niemals aufdrängen - die Präzision ist einfach gegeben und völlig bruchlos in ein stimmiges Gesamtgeschehen eingebunden. Das führt binnen kurzer Zeit dazu, dass ich nicht mehr bei jedem einzelnen Tritt auf das Pedal der Bassdrum in der Tiefe des Raumes staune, wie substantiell und trocken die Drum klingt, sondern mehr und mehr in der dargebotenen Gesamtheit der Musik versinken.
Auch bei »Night And Day« aus Diana Kralls Album »Turn Up The Quiet« fällt zunächst der außerordentlich plastische Charakter des Klangbildes auf, das die Instrumente buchstäblich greifbar wirken lässt. Zudem kann die Electa Amator III hier Klangfarben äußerst fein differenzieren, obwohl die Instrumente nur ganz verhalten gespielt werden und die Abhörlautstärke sehr moderat ist. Selbst unter diesen Bedingungen wird die sonore Autorität des Kontrabass’ deutlich, und der schillernde Glanz der Violine ist ein Traum! Doch wieder wird nach wenigen Augenblicken aus konzentriertem Hören ein Schwelgen in den Klängen, das nur kurzfristig von einem Aha-Erlebnis unterbrochen wird, als Diana Krall ihren Gesang anstimmt: Was die Electa Amator III dabei vollbringt, ist nicht weniger als ein Lehrstück darüber, wie natürlich ihre facettenreiche Stimme aus der Konserve klingen kann. Und wie verhält es sich nun mit dem beabsichtigten Hauch Wärme? Der fällt im Grunde nur in Direktvergleichen dezent auf, tritt jedoch zu keiner Zeit prominent in Erscheinung. Gleichwohl trägt diese wohlwollende Tendenz ihren Teil zum klanglichen Zauber bei, den die Electa Amator III entfalten kann - und zu dem kann man Sonus faber nur gratulieren.