HD-DVD: Heiße Diskussionen, wilde Spekulationen
Ein Lagebeschreibung von AV-Magazin-Redakteur Volker Straßburg aus Las Vegas, 10. Januar 2008
Weltweit wird die Zukunft des HD-DVD-Formats diskutiert. Doch nirgends steht es so im Fokus wie in Las Vegas, dem aktuell heißesten Ort für Unterhaltungselektronik. Auf der CES-Messe ist es schlechthin allgegenwärtig. Doch auch am Abend in den zahlreichen Restaurants und Clubs fallen an den Tischen immer wieder die für Medien wie auch Cineasten elektrisierenden Stichworte.
Der ideale Nährboden für Gerüchte: Paramount steige nach Warner wohl ebenfalls aus dem HD-DVD-Business aus, verkündet die Financial Times an einem Tag. Am nächsten dementiert das Filmstudio prompt. Die einen Blu-ray-Anhänger prophezeien eifrig das endgültige Ende des HD-Formats, doch ausgerechnet Sony als prominentester Vertreter wägt ab und kann laut Sony-Chairman Sir Howard Stringer noch kein eindeutiges Ende des Streits erkennen: „I never put up banners that say ‚ Mission Accomplished‘,“ zitiert ihn CES Daily. Während des wilden Hin und Her bestürmen die Medien sämtliche Toshiba-Vertreter, deren Unternehmen als Erfinder des HD-DVD-Formats wesentlicher Entscheidungsträger ist, und fordern Kommentare zur Lage. Doch nach wie vor haben die Japaner auf eine offizielle Stellungnahme verzichtet. Was ist also der aktuelle Stand im High-Definition-Hexenkessel?
Fakt ist: HD-DVD existiert nach wie vor. Toshiba wie auch die weiteren Mitglieder des HD-DVD-Lagers haben ihr Format nicht aufgegeben. Deren Zurückhaltung ist daher nicht voreilig als Eingeständnis zu werten, das High-Definition-Rennen verloren zu haben. Vielmehr ist es ein Zeichen dafür, in welch hohem Maß der Warner-Ausstieg die HD-DVD-Vertreter überraschte.
Tatsächlich ist die Vorgehensweise von Warner verwunderlich. In den vergangenen Jahren, so stellt Toshiba heraus, habe eine hervorragende und vertrauensvolle Zusammenarbeit stattgefunden. Auch in jüngster Zeit sei dies so gewesen. So irritiert den HD-DVD-Entwickler um so mehr, dass er die Warner-Meldung nach anfänglichen Gerüchten nahezu unvorbereitet aus Pressemeldungen entnehmen musste. Zudem war der Zeitpunkt für den Ausstieg geradezu unglaublich gewählt: zur Eröffnung einer der wichtigsten Messen der Welt für Unterhaltungselektronik. Kein Wunder zeigten sich Toshiba und die HD-DVD Promotion Group wie gelähmt und sagten die HD-DVD-Pressekonferenz ab.
Hinter den Kulissen allerdings startete ein rasantes Rennen um Informationen und dem Interessenabgleich zwischen den HD-DVD-Partnern. Auf medienwirksame, starke Worte ohne eine realistische Einschätzung der Situation, so stellt der deutsche Toshiba-Produktmanager Sascha Lange dar, habe man bewusst verzichtet. Ein klares Statement, welche konkreten Schritte man einleite und wie die Zukunft der HD-DVD aussehe, gebe man erst nach Erwägung aller Aspekte ab. Überprüft werden nach wie vor die Gründe für den plötzlichen Ausstieg und ob dieser aufgrund vertraglicher Vereinbarungen rechtswidrig gewesen sei. Erst nach Abschluss des Vorgangs, so Sascha Lange, ginge Toshiba mit seinen Schlussfolgerungen an die Öffentlichkeit.
Dass der Ausstieg von Warner, einem der wichtigsten Hollywood-Studios, für HD-DVD einen herben Verlust darstellt, steht indes außer Zweifel. Verständlich ist daher, dass von vielen Medien wie auch von Vertretern der Unterhaltungselektronik ein Siegesszenario mit Blu-ray als Gewinner erwogen wird. Ob der Formatstreit jedoch tatsächlich beendet ist, steht in diesen Tagen schlichtweg noch nicht fest. (vst)