dCS Lina Network DAC im Test:Ausstattung und Technologie
Bevor wir uns mitten ins Geschehen stürzen, wollen wir Ihnen einen kurzen Abriss der durchaus bemerkenswerten Firmenhistorie nicht vorenthalten. Besonders mit Blick auf das Design und die Vielseitigkeit der Lina-Serie könnte man dahinter ein ambitioniertes Start-up vermuten, dabei ist dCS seit über dreißig Jahren eine feste Größe im Marktsegment. 1987 von Mike Story nach seiner Graduierung an der Universität von Oxford und einem Team von Elektroingenieuren in Cambridge gegründet, begann die auf Signalumwandlungstechnologien spezialisierte Unternehmung - daher rührt die Firmierung als »Data Conversion Systems« - mit Beratungsdienstleistungen für Luft- und Raumfahrtunternehmen. In dieser Zeit hat dCS Auftragsarbeiten für das britische Verteidigungsministerium ausgeführt, während Mike Story als mit Toningenieuren befreundeter Klangenthusiast das Know-how auf den Bereich digitaler Audio-Anwendungen übertragen wollte. Die Erfahrungen von Bob Ludwig und Tony Faulkner mit dem ersten Produkt von dCS, dem für Produktionszwecke gedachten Analog-Digital-Wandler »900«, halfen, sich im Profibereich einen Namen zu machen. Diesem weltweit ersten 24-Bit-ADC folgte 1993 der erster Digital-Analog-Wandler des Hauses, der »950«, seines Zeichens der weltweit erste 24-Bit-DAC. Beide Geräten basierten bereits auf der patentierten, seither immer weiter perfektionierten »Ring-DAC«-Technologie. Und damit sind wir mittendrin, denn auch der Lina Network DAC ist rund um diese unter technisch interessierten Audiophilen namentlich bekannte Schlüsseltechnologie herum konzipiert.
Ein einzigartiges Wandlerkonzept
Der hardwareseitige, überwiegend diskrete Aufbau des Ring-DAC erinnert mit zustandsgesteuerten Flipflops und Widerständen an einen Ladder-DAC. Im wesentlichen Unterschied zu Ladder-DACs jedoch haben die 48 Spannungsquellen des Ring-DAC den gleichen Wert, wobei die jeweils geschalteten Spannungsquellen in Summe stets den gleichen Spannungswert an den Summenbus liefern. Für den Maximalpegel reichen 32 Spannungsquellen, die übrigen dienen als Reserve für nachfolgende Samples. Diese 32 gleichwertigen Spannungsquellen bilden ein Sample mit 5 Bit Worttiefe ab, deshalb wird für alle eingehenden PCM-Datenströme ein Oversampling auf 706,8 MHz beziehungsweise 768 MHz vorgenommen, damit sie von einem 5-Bit-Modulator verarbeitet werden können. Die Modulation findet je nach Einstellung und Abtastrate des Eingangssignals mit einer Taktfrequenz zwischen 2,822 MHz und 6,144 MHz statt. Anschließend wird das 5-bittige Signal dem Ring-DAC zugeführt.
Doch der ganz besondere Clou dieser Wandlerarchitektur ist Folgendes: Der Ring-DAC verwendet für dasselbe Bit nicht immer dieselben Kombinationen von Spannungsquellen. Weil für jedes Bit jede beliebige Kombination geschaltet werden kann, sind bei der D/A-Wandlung entstehende Fehler nicht mit dem Audiosignal korreliert. Welche Spannungsquellen zu einem bestimmten Zeitpunkt an- beziehungsweise ausgeschaltet werden, um das richtige Signal für jedes Bit zu generieren, steuert eine selbst entwickelte, stetig perfektionierte Software, die in einen leistungsstarken FPGA implementiert ist. Die komplexen Algorithmen dieses »dCS Mapper« - die seit einem Firmware-Update auf die Version 2.0 ausgewählt werden können -, erzeugen Verteilungsmuster, die Rauschen außerhalb des hörbaren Spektrums verlagern und sodann filtern, wodurch Verzerrungen und Übersprechen auf ein Minimum reduziert werden. Zudem wird so sogar Rauschen ausgeglichen, das durch Alterungsprozesse von Bauteilen entsteht.
Für die abschließende Signalaufbereitung stehen nun sechs proprietäre Filter für PCM-Datenströme zur Verfügung, die am Gerät und in der App Mosaic gewählt werden können. Für DSD-Datenströme stehen an selber Stelle jetzt insgesamt fünf Filter zur Verfügung, wobei vier Rauschen außerhalb des Audiospektrums reduzieren und der fünfte Transienten optimiert. Ein weiterer Vorteil dieser Software-basierten Architektur des Ring-DAC besteht darin, dass Optimierungen aufgrund neuer Erkenntnisse ganz einfach per Firmware-Update vorgenommen werden können - oder wie jüngst geschehen, neue Funktionen implementiert werden können.
Offen für alle Musikquellen
Die Streamingsektion des Lina Network DAC basiert hardwareseitig auf dem Streaming-Modul S800 von Stream Unlimited, zusammen mit der Software-Plattform dCS Mosaic unterstützt sie selbstverständlich hochaufgelöste Datenstromformate (PCM bis 384 kHz / 24 Bit, DSD64/128 nativ & DoP) und Dateiformate (FLAC, WAV, AIFF, MQA) sowie Highres-Streamingdienste (Tidal, Qobuz), wobei für MQA ein spezielles Filter bereitsteht. Darüber hinaus ist der Lina Network DAC Roon Ready-zertifiziert und unterstützt Apple AirPlay. Streaming via UPnP vom klassischen NAS oder Musikserver ist ebenfalls möglich, zudem steht die Tür zum unerschöpflichen Angebot des Internetradio offen.
Neben den audiophilen Platzhirschen unterstützt der Lina Network DAC auch Spotify Connect und Deezer. Eigentlich gehört hinter diesen Satz ein Ausrufezeichen, denn bis heute nehmen die meisten High-End-Hersteller von der Implementierung von Spotify Abstand. Spätestens wenn man sich die Nutzerzahlen von Streamingdiensten anschaut, wird klar, warum ausgerechnet dCS als Digital-Edelschmiede hier - wenn man so will - einen Kompromiss eingeht. Daraufhin angesprochen, äußert sich Export-Verkaufsleiter Alasdair McDonald unmissverständlich: »Wer sind wir, den Leuten vorschreiben zu wollen, mit welchen Streamingdiensten sie Musik hören!«