Gewusst wofür
Neben der noch relativ konventionellen Optimierung der Stromverhältnisse stehen bei Phonosophie im allgemeinen und beim PH CR-H255 A zwei weitere Aspekte im Vordergrund, die eng zusammen gehören und sich letztgültig auch auf den Stromtransport auswirken: Materialentspannung und molekulare Strukturen stromführender Bauteile. In Produktionsprozessen entstehender Materialstress soll bereits mit dem in der Animatortechnik verwendeten Quarzsand reduziert werden, was günstigen Einfluss auf die Stromleitqualität hat. Zusätzlich beschäftigen sich Ingo Hansen und sein Team seit einiger Zeit im Zusammenhang mit der Leitfähigkeit von Materialien auch mit der so genannten Cryogenik. Nein, dabei geht es nicht darum, in einer fernen Zukunft aufzuwachen - Materialien werden schockgefrostet, um so eine bestimmte molekulare Anordnung herzustellen und zu konservieren. Deshalb wird jede Phonosophie-Feinsilbersicherung am Ende des in Deutschland durchgeführten Herstellungsprozesses cryogenisch behandelt.
Während dieses computergesteuerten Verfahrens wird die Sicherung auf eine Temperatur von beinahe Minus 200 Grad Celsius tiefgefroren, wobei sich die molekulare Struktur der Silberkappen und des Schmelzfadens unwiderruflich verändert. Obgleich Silber ohnehin den besten elektrischen Stromleitwert aller Metalle aufweist, werden die stromleitenden Eigenschaften von Silber mittels der Temperaturbehandlung weiter verbessert. Nach der Frostbehandlung werden dann in den Feinsilbersicherungen entstandene Materialspannungen durch einen aufwändigen, mehrere Tage andauernden, aber nicht näher bezeichneten Prozess entfernt. Es stecken also doch viel mehr Modifikationen im PH CR-H255 A als auf Anhieb erkennbar - und inwieweit verbessert das Tuning tatsächlich den Klang? „Mehr Live“ lautet Hansens Devise, das heißt frei übersetzt mehr Unmittelbarkeit, mehr Präsenz, schlicht Fußwippen. Es soll mehr nach wirklich im Hörraum befindlichen Musikern klingen als nach Konserve. In letzter Konsequenz ist dieses Ideal von den weitaus meisten Musikanlagen zu viel verlangt - und zwar preisunabhängig.
Familie Popolski ist zu Gast in Oberhausen, in der CD-Schublade des PH R-H255 A bei uns im Hörraum. Opa Popolski lamentiert über den dreisten Klau seiner Kompositionen, er ist nämlich geistiger Urheber zahreicher bekannter Rock- und Popstücke, müssen Sie wissen. Dann legen „The Pops“ los, in bester zum Markenzeichen gewordener Hardcore-Polka-Manier, Cousin Isidor röhrt, unterstützt durch sein mächtiges Körpervolumen, das später von Prince gecoverte „Kiss“. Der PH CR-H255 A vermittelt die Atmosphäre dieser live mitgeschnittenen, grandiosen Show klanglich wirklich glaubhaft, der Funke springt locker über. Fragen nach highfidelen Kriterien, nach vielleicht etwas mehr von diesem oder weniger von jenem tauchen gar nicht erst auf, ein sehr gutes Zeichen. Mit ganzer Leibeskraft gespielte Bläsereinsätze schmettern in den Raum das die Fetzen fliegen - prägnant, plastisch und fulminant. Der Phonosophie-Receiver engagiert sich in bestem Sinne als Vermittler zwischen Konserve und Zuhörer, um nicht zu sagen, gewissermaßen als Musikant.
Natürlich spielt hier nach wie vor kein Top-High End, bemisst man allerdings die Qualität der Anlage daran, ob die überschäumende Spielfreude des Popolski Trios beim Zuhörer ankommt, verdient der PH CR-H255 A großes Lob. Mit allzu wirkungsgradschwachen Lautsprechern sollte man den PH CR-H255 A aufgrund seiner relativ geringen Ausgangsleistung nicht kombinieren, das offenbart vor allem basslastige elektronische Musik recht schnell. Allerdings lohnt sich durchaus eine höhere Investition in die Lautsprecher, möglichst phasenrichtig spielende Exemplare entfalten erst die ganze rhythmische Differenzierung, zu der das getunte Stück fähig ist.
Dabei klingt der PH CR-H255 A mit passenden Spielpartnern wie beispielsweise einer Leema Acoustics Xone sehr substantiell und räumlich sowohl akkurat als auch vor allem verblüffend weitläufig, zeichnet präzise Konturen und lässt den Körper selbst größerer Percussion-Instrumente deutlich erkennen. Insbesondere die klangliche Ausrichtung von Phonosophie in Sachen Dynamik und Klangfarbenintensität ist unverkennbar erfolgreich in den Kompakten von der Stange implementiert worden. Nightmares On Wax sind nicht gerade für guten Sound ihrer Alben populär, doch wer die einfalls- und abwechslungsreiche Musik mag, den schert‘s wenig. Trotz dieser klanglich durchwachsenen Scheibe versprüht der Phonosophie-Receiver auch hier sofort die richtige Stimmung, heimst sicher nicht die Höchstanzahl goldener Ohren ein, wohl aber unsere Sympathie. Fast unglaublich - angesichts dessen, was man da vor sich stehen hat - autoritär grummeln die Hip Hop-inspirierten Beats, lenkt der Phonosophie-Receiver die Aufmerksamkeit auf musikalisch essentielle Nuancen und spielt den Zuhörer direkt an. Ein großes Kompliment: Ingo Hansen weiß, wie seine Gerichte schmecken sollen und wie er sie anrichtet, das Phonosophie-Tuning zaubert eine Musikspaß-Maschine hervor. Ein PH CR-H255 A ist bestens geeignet, preisbewussten Musikfreunden zu demonstrieren, dass auch abseits kostspieliger Anlagen kein highfideler Frust aufkommen muss.