Pro Integration
Interessanter als alle hochkarätige Technik ist letzten Endes das Ergebnis; besonders die Frage, wie viel audiophile „Magie“ der SAM G2 als Vollverstärker zu entfalten vermag, dürfte sowohl jene beschäftigen, die Audionets Vor-Endstufen-Kombinationen im Ohr haben als auch diejenigen, die ab einer gewissen Preisklasse eher einer aufgeteilten Lösung zugetan sind. Allerdings finden sich zum Preis eines SAM G2 noch nicht allzu viele wirklich ernst zu nehmende Vor-End-Kombis, doch auch absolut gesehen bleibt das Thema Integrierter vs. Kombination spannend, insbesondere da die High End-Szene in den letzten Jahren etliche brisante Vollverstärker hervorgebracht hat. Zu diesen gehört definitiv auch der SAM G2, so weit lässt sich mit der Tür ins Haus fallen. Auch diese ‚Integrationsdebatte‘ wird immer wieder von unterschiedlichen Seiten her angefacht: Für Vollverstärker sprechen zweifelsohne ganz pragmatische Aspekte wie der Platzbedarf und die Tatsache, dass in dieser Variante ein bis zwei hochwertige Netzkabel und eine ebensolche NF-Verbindung weniger benötigt werden - von zusätzlichen Gerätebasen für Endverstärker ganz zu schweigen. Diese eingesparten, nicht unerheblichen Posten in die Elektronik zu investieren, ist sicherlich eine vernünftige audiophile Kalkulation für Klangfreunde, die nicht über fast unbegrenztes Budget verfügen.
Demgegenüber lässt sich für separate Vor- und Endverstärker nur argumentieren, dass die Spezialisierung auf Vor- beziehungsweise Endverstärkung letztlich doch bei den jeweiligen Komponenten noch mehr konstruktiven Aufwand gestattet und daher klanglich noch höher hinaus führen kann sowie mit dem freilich sehr reizvollen Aspekt ultimativer Leistung. Wenn es dabei allerdings vordergründig um die Fähigkeit geht, auch leistungshungrige Lautsprecher wirklich problemlos anzutreiben, können am SAM G2 Interessierte jegliche Bedenken beruhigt vergessen. Der Neue aus Bochum verdient nicht nur anhand seines Datenblatts bemessen wirklich die Bezeichnung als echtes Kraftpaket, seine unbedingte Kontrolle über die Lautsprecher ist jederzeit förmlich spürbar. Das gilt nicht nur für so dankbare Exemplare wie die überwiegend für den Hörtest eingesetzten Vienna Acoustics Beethoven Grand, sondern auch für wirkungsgradschwache, etwas ältere Modelle wie zum Beispiel meine eigenen SCM35 von ATC.
Die Verkabelung unseres Testaufbaus erfolgte durchgehend mit Audionet-Kabeln, für den Anfang des Hörtests rotiert ein acht Jahre junges Album im neuen Audionet-Referenz-CD-Player ART G3, auf das ich erst kürzlich durch den Titel „Sky Stone“ gestoßen bin: „Magnitude“ von Suria. Leider ist dieses zweite Werk des portugiesischen Progressive-Duos nur noch zu fabelhaften Preisen verfügbar, es verwöhnt jedoch mit einer gelungenen Mischung von genretypischem Minimalismus, Straight Forward-Arrangements und fantasievollen Sounds - mit Verlaub: es geht richtig ab! Und das ist auch die passendes Beschreibung für die Vorstellung, die der SAM G2 hier abliefert: Ungeheuer tieffrequente Rhythmuslines werden mit unerbittlicher Autorität entfacht, dies scheint dem SAM G2 mit solcher Leichtigkeit von der Hand zu gehen, als wären es bloß zart klingende Glöckchen. Die Basswiedergabe des SAM G2 ist eine helle Freude: knackig, außergewöhnlich tiefreichend, energisch und blitzschnell - und für einen Vollverstärker extrem potent.
Da vermag nur die Vorfreude auf das Mitte Oktober erschienene Album „Resonances“ meiner Lieblingspianistin Hélène Grimaud mich von loszureißen; trotz dieses extremen musikalischen Kontrastes tauche in ohne eigenes Zutun binnen weniger Augenblicke in Grimauds anspruchsvolles Spiel mit Gegensätzen ein. Sowohl Grimauds Kunst sehr unterschiedliche Werke wie Mozarts Klaviersonate Nr. 8 und die Klaviersonate Op. 1 von Alban Berg in einem neuen, hintergründig präsenten Rahmen zusammen zu führen, als auch die nachgerade Werk-erklärende Reproduktion des SAM G2 sind schlicht hinreißend. Der SAM G2 verbindet eine völlig stimmige, maximal energiegeladene Spielweise mit verlockender Klarheit, Luftigkeit und Großzügigkeit in allen Belangen: Zwischen einzelnen Klaviertönen ist viel Platz, die Dimension des Instrumentes wird glaubhaft erfahrbar; Pausen, Impulse und Akzente transportiert der SAM G2 mit meisterlicher Souveränität und vereinnahmender Eindringlichkeit. Morgen und übermorgen wird der SAM G2 ganz sicher zu den Klassikern gezählt werden, für seinen Preis von rund 4.000 Euro ist Audionets SAM G2 nicht weniger als ein echtes audiophiles Schnäppchen. Da kann man nur sagen: ‚Spiel’s noch einmal, SAM!’