Appetitmacher
Obgleich dieser Kostenrahmen den Verdacht nahe legen mag, übt sich Dali mit der Lektor-Serie weder in Darwinismus, um in diesen bewegten Zeiten die richtigen Zeichen zu setzen, noch hätte der natürlich erforderliche Rotstift gravierende Spuren hinterlassen. Spätestens auf den zweiten Blick ist auch der neuen Lektor 2 deutlich anzusehen, dass die Entwicklung anspruchsvoller Kompaktschallwandler bei Dali Tradition hat und in Dänemark nicht etwa als Reaktion auf die Krisenstimmung mal eben hastig weitere kompakte, besonders preisgünstige Lautsprecher als Alibi auf die Beine gestellt wurden. Einwandfrei geklebtes Furnier, das mehr wie Holz als wie Plastik aussieht, die Präzision der Gehäusefugen und streichelglatt ausgeformte Bassreflex-Öffnungen demonstrieren Qualität, die preisunabhängig beurteilt keinerlei Anlass zu Kritik bietet, im Gegenteil: Die Lektor 2 hinterlässt optisch und haptisch einen tadellosen Eindruck und weckt so Vertrauen in ihre klanglichen Fähigkeiten.
Rückseitig finden sich für größere Kabelquerschnitte und für Bananenstecker mit bis zu vier Millimetern Durchmesser geeignete, solide Anschlussklemmen, die ruhig als Hinweis darauf verstanden werden dürfen, dass die Lektor 2 technisch auch zu „höheren“ highfidelen Ansinnen berufen ist, als im Regal zu stehen: Sowohl der Einsatz hochwertiger, leistungsstarker Verstärker als auch die Platzierung auf Ständern macht klanglich Sinn. Die Lektor 2 ist zwar dezidiert für sehr wandnahe Aufstellung oder die Unterbringung in Regalen konzipiert, dies bedeutet jedoch lediglich, dass sie unter solchen Bedingungen nicht ihr Potenzial einbüßt. Wer nicht den größten Wert auf perfekte Integration in den Wohnraum legt, sondern bereit ist, für das letzte Quentchen Wohlklang der Lektor 2 eine etwas prominentere Position einzuräumen, wird für dieses Zugeständnis mit noch mehr Spielfreude belohnt.
Auch die technischen Merkmale der Lektor 2 zeigen, dass sie ein historisch gewachsenes Produkt darstellt, sie enthält zwar keine konstruktiven Wunder, profitiert allerdings von der Erfahrung des Lautsprecherherstellers hinsichtlich entscheidender Zutaten und wartet mit einigen gut beleumundeten Dali-Spezialitäten auf. Dazu zählt eine in dieser Preisregion keinesfalls zum Standard gehörende separate Schallwand, die seitlich sanft abgerundet wurde, um so genannte Kantenreflexionen des von den Chassis abgestrahlten Schalls zu vermeiden. Für die Wiedergabe hoher Frequenzen setzen die Dänen in der Lektor 2 ihre bewährte Gewebekalotte ein, die mit 28 Millimetern einen für Hochtöner durchaus stattlichen Durchmesser aufweist. Die spezielle Formgebung der Hochtöner-Einfassung wirkt als akustische Linse, welche die Schallführung hoher Frequenzen optimiert.
Unterhalb des Hochtöners befinden sich zwei kleine Austrittsöffnungen für die durch den Tiefmitteltöner generierten Luftströme, das Chassis ventiliert auf das gesamte Innenvolumen des versteiften MDF-Korpus. Optisch ein typisches Kennzeichen aller Dali-Lautsprecher und technisch ein Leckerbissen ist die auch für den Tiefmitteltöner der Lektor 2 verwendete Papierfasermembran: In einem von Dali entwickelten Produktionsverfahren wird die Papiermembran mit einer speziellen Flüssigkeit getränkt um ihre Steifigkeit zu erhöhen, dadurch erhält sie ihre charakteristische rostrote Färbung. Zusätzlich wird die besonders leichte, hauchdünne Papierschicht durch Beimischung feiner Naturholzspäne stabilisiert.
Die so erreichte Absorptionsfähigkeit der Membran macht sie auch weniger anfällig gegen von der Schwingspule ausgehende Kräfte und trägt so sowohl zur verzerrungsarmen Wiedergabe tiefer als auch mittlerer Frequenzlagen bei, in denen das menschliche Gehör besonders sensibel ist. Passend zum schnellen Reaktionsvermögen einer so geringen Masse wird die knapp 130 Millimeter durchmessende Membran von einem kräftigen Magnetsystem angetrieben und in einer weichen Sicke, die lange Hübe gestattet, aufgehängt.