Robuster Charme
Eins der markantesten Merkmale des SL-1200GR, das im Aluminiumdruckguss-Verfahren hergestellte Chassis, dient dazu, die Gehäusekonstruktion gegen Vibrationen und Eigenresonanzen unanfällig zu machen. Diese Resistenz käme freilich genauso DJs zugute, aber für die Klangqualität ist die Minimierung einer Neigung zu jedweder Art von Schwingung unerlässlich, denn selbst Materialresonanzen können die Wiedergabe tonal beeinflussen. Im gleichen Zusammenhang ist wichtig, für die jeweiligen Stellen das optimale Material zu finden und auch die Charakteristik der Resonanzübergänge zwischen Werkstoffen zu berücksichtigen. Aus diesem Grund entschieden sich die Technics-Ingenieure, die Unterschale des Gehäuses aus Bulk Molding Compound zu fertigen. Dieser kurz BMC genannte Verbundstoff ist eine Faser-Matrix, die in der Regel aus Glasfaser und Polyesterharz aufgebaut wird. Sie sorgt beim SL-1200GR für besonders hohe Steifigkeit, die ihrerseits auch dem Antriebsmotor optimale Arbeitsbedingungen verschafft. Ursprünglich eigens für den SL-1200G entwickelte Dämpfungsfüße nutzen Silikonkautschuk zur Absorption von Vibrationen, Schwingungen in horizontaler Richtung werden von Führungsringen absorbiert, die aus speziellem Polymer hergestellt werden. Diese höhenverstellbaren Füße sind genau auf die Masse und die Resonanzeigenschaften des SL-1200GR abgestimmt worden.
Richtig dosierte Masse und eine wirksame Resonanzkontrolle sind bei der Gestaltung des Plattentellers ebenfalls von großer Bedeutung, er wird genauso wie das Chassis im Aluminiumdruckguss-Verfahren gefertigt und wiegt immerhin zweieinhalb Kilogramm - das ist verglichen mit den Tellergewichten vieler Masse-Laufwerke nicht schwer, aber für die Verwendung im SL-1200GR optimal. Rückseitig durchziehen Rippen den Plattenteller, die seine Steifigkeit nochmals erhöhen; eine gleichfalls an der Tellerunterseite aufgebrachte Kautschukschicht dient der Vibrationsdämpfung. Details wie diese runden ein durchweg solide und wohl durchdacht wirkendes Konzept ab: Die mechanisch hochwertigen Anschlussbuchsen und sogar die Erdungsklemme sind vergoldet, um besten elektrischen Kontakt herzustellen zu können. Ambitionierte HiFi-Fans haben zudem die Möglichkeit, mit unterschiedlichen Netzkabel zu experimentieren, alldieweil der SL-1200GR nicht mit einem fest verbundenen Netzkabel, sondern mit einer Kaltgerätebuchse ausgestattet ist.
Damals wie heute ist der Direktantrieb dieses Plattenspielers freilich das zentrale technische Highlight. Seit der Einführung eines riemenlosen Antriebs im Jahr 1970, die zugleich die Weltpremiere für den ersten Plattenspieler mit Direktantrieb war, ist das Prinzip zwar dasselbe geblieben, die genaue Ausführung und die verwendeten Materialien waren allerdings im Laufe der langen Zeit einem kontinuierlichen Fortschritt unterworfen. Die neueste Generation des Technics-Direktantriebs hat daher genau genommen mit seinem Urahn nicht mehr viel gemeinsam, denn bereits für den SL-1200GAE ist das Antriebskonzept vollständig neu entworfen worden. Der Antrieb des SL-1200GR weist dessen technische Hauptmerkmale auf und wurde im Wesentlichen lediglich an einer Stelle abgespeckt: Er enthält nur einen Rotor - beim SL-1200GAE und beim SL-1200G sind es zwei. Aber der Reihe nach. Der Technics-Direktantrieb überträgt die Rotation des Motors magnetisch auf den Plattenteller, er ist im Schichtmodell betrachtet wie folgt aufgebaut: Oberhalb der Lagerbuchse befindet sich ein Statorträger, über dem Statorspulen angeordnet sind, dann folgt eine weitere Statorschicht, an der auch die elektrische Steuerung des Motors angebracht ist. Darüber ist ein ringförmiger Magnet positioniert, der nach oben mit einer Rotorabdeckung abschließt, auf welcher der Plattenteller aufliegt. Das ganz Besondere an diesem Motor ist die Tatsache, dass seine Wicklungsspulen ohne Eisenkern auskommen, daher bezeichnet Technics seinen Antrieb auch als »kernlosen« Direktantrieb. Die magnetische Wechselwirkung zwischen den Eisenkernen und dem Magneten, die das so genannte Rastmoment hervorruft, kann so vermieden werden; der Plattenteller dreht in Folge dessen gleichmäßiger.
Vorteilhaft für die Minimierung von Motorvibrationen ist auch der Umstand, dass der Motor mit geringer Drehzahl laufen kann, weil er keine Reibungsverluste kompensieren muss. Sein Anlaufdrehmoment dagegen ist beachtlich hoch und beschleunigt den Plattenteller aus dem Stillstand auf 33,3 Umdrehungen pro Minute in sagenhaften 0,7 Sekunden - sich das einmal mithilfe der Start-Stop-Taste anzuhören, ist wirklich eindrucksvoll. Die Motoransteuerung erfolgt über Sinuswellenformen, die in einem ROM gespeichert sind; diese neue Regelungstechnik ermöglicht gegenüber dem im SL-1200MK5 verwendeten Sinuswellengenerator mit einer externen Spule eine konstantere Drehzahl und wird auch beim SL-1200G sowie bei Blu ray-Playern von Panasonic verwendet.