Traumwandler
T+A gehört auch zu denjenigen Herstellern, die früh Netzwerkplayer nicht allein mit Komfortaspekten legitimiert haben, vielmehr sollen sie mit entsprechender Kost gefüttert prinzipiell in der Lage sein, CD-Spieler klanglich zu übertreffen. Hauptsächlich ist dafür das Fehlen mechanischer Resonanzen verantwortlich, denn wo kein Laufwerk ist, da können keine Auslesefehler entstehen und auch nichts in Schwingung geraten, sofern der Netzwerkplayer durch geeignete Aufstellung vor der Übertragung externer Schwingungen wie beispielsweise Trittschall geschützt ist. Darüber hinaus wird die (noch) langsam wachsende Anzahl von Downloadangeboten interessant, die so genannte Studio Master-Files bieten, die hinsichtlich ihrer Auflösung auch der SACD überlegen sind. In einiger Zeit wird also schlicht die beste für Privatkunden verfügbare audiophile Tonquelle eine Datei entsprechenden Formats sein und die Spitze digitalen Wohlklangs nur mit Netzwerkplayern, die 96/24 oder gar 192/24 verarbeiten, erreicht werden können.
Der MP 1260 R präsentiert sich für diese höheren Aufgaben bestens ausgestattet, enthält neben Resonanzoptimierungsmaßnahmen aufwändige, für Steuer-, Analog- und Digitalsektionen separat ausgeführte Stromversorgungskreise und hochwertige, diskret aufgebaute analoge Ausgangsstufen. Die klanglich wichtigste Neuerung gegenüber dem Vorgänger MP 1250 R steckt im D-A-Wandlertrakt: Dieser ist nach wie vor mit vier Wandlern bestückt, die im Doppel-Differential-Modus arbeiten, erstmalig kommen hier allerdings neueste 32-Bit-Wandler von Texas Instruments zum Einsatz. Bei diesen PCM 1795 handelt es sich, wie die Typbezeichnung Kenner vermuten lässt, um die Nachfolger der vorher eingesetzten Chips vom Spezialisten Burr Brown, der inzwischen von Texas Instruments übernommen wurde. Für das 8-fache Oversampling setzt T+A bewährte, sehr leistungsfähige 56-Bit-DSP-Technik ein und lässt Kunden die Wahl zwischen vier Filern, die klangliche Tendenzen von ultradynamisch (impulsoptimiertes FIR) bis „analog weich“ (Bezier) sowie eine gelungene Kombination dieser konträren Algorithmen (Bezier/IIR) abdecken.
Die unseren Erfahrungen nach angenehmsten, ausgewogensten Charakteristiken weisen das impulsoptimierte FIR- und das Bezier/IIR-Filter auf, doch der MP 1260 R kann mit allen Filtern seine Klasse zeigen, und zwar eindringlich. Dabei ist dem MP 1260 R jede „Hoppla, hier bin ich“-Allüre fremd, er ist kein Kandidat für mehr hiervon oder mehr davon, entzieht sich statt dessen elegant solchen Quantifizierungen und überzeugt ganz einfach mit vorbildlicher Souveränität. Dank seiner Ausgewogenheit und Leichtigkeit macht er aus jeder Vorlage einen flüssigen musikalischen Vortrag, stellt trotz der gebotenen Informationsdichte immer das Ganze in den Vordergrund. Dazugehöriges wie ein sehr straffes, tief reichendes und penibel ausdifferenziertes Tieftonspektrum oder eine sehr weitläufige, korrekt proportionierte Raumdarstellung erledigt der T+A en passant. Die Qualität des Wandlerteils und das Fehlen bewegter Mechanik machen sich allerdings beim MP 1260 R deutlich in einem kaum zu überbietenden Maß von Ruhe und Transparenz in der Darbietung bemerkbar, man hört quasi in anfangs geradezu irritierender Weise das Nicht-Vorhandensein vertrauter klanglicher Einflüsse. Insbesondere dynamikreiche klassische Musik profitiert eklatant von dem absolut schwarzen Hintergrund, vor dem der T+A Töne erklingen lässt, doch auch mit dem aktuellen Ich + Ich-Album „Gute Reise“ präsentiert sich der MP 1260 R als Netzwerkplayer, dem nur ganz wenige Scheibendreher das Wasser reichen können - da wird Adel Tawils „Pflaster“ zum Balsam für geschundene audiophile Seelen.