Highresaudio - Jenseits der Tonträger
Highresaudio.com hat sein Angebot um einen Streaming-Service erweitert. Das hat AV-Magazin zum Anlass genommen, einen genaueren Blick auf das Gesamtangebot von Highresaudio zu werfen.
High Resolution stößt bei Klangenthusiasten auf großes Interesse, doch der Markt ist auf den ersten Blick gar nicht so leicht überschaubar. Die Angebote unterscheiden sich hinsichtlich der verfügbaren Auflösungen, Dateiformate und vor allem ihres Katalogs. Wer also in einem möglichst großen Fundus von Musik diverser Genres stöbern möchte, die eine höhere Auflösung als die CD hat, kommt nicht umhin, mehrere Anbieter zu nutzen. Dabei stellt man schnell fest, das ein erklecklicher Anteil der Hires-Download von Plattenfirmen bereitgestellt wird - trotz der Popularität des Themas bei audiophiler Klientel gibt es noch immer recht wenige Webshops, die Gourmetkost von unterschiedlichen Labeln offerieren.
Ein Grund dafür ist in den Statistiken der GfK zu finden: Bezogen auf den gesamten Musikmarkt in Deutschland lagen bezahlte Downloads zuletzt zwar mit den Verkaufszahlen physischer Tonträger praktisch gleichauf, ihr Anteil ist jedoch innerhalb der letzten fünf Jahre stetig gesunken. Allerdings wurden im Jahr 2017 immerhin noch insgesamt 62,4 Millionen Singles und Alben legal heruntergeladen, während sich im gleichen Zeitraum 66,9 Millionen verkaufte Singles und Alben auf alle Tonträger verteilten. Demgegenüber haben kostenpflichtige On-Demand-Angebote seit 2012 enormen Zulauf: Im vergangenen Jahr wurden rund 6,7 Milliarden bezahlte Musik-Streams verzeichnet. Dieses Verhältnis bildet freilich nicht die Realität innerhalb der Gruppe qualitätsbewusster Hörer ab, obgleich sich auch hier ein Trend zum Streaming abzeichnet. Highresaudio hat sein Angebot dazu passend mit einem Streaming-Service erweitert, was wir zum Anlass nehmen, einen genaueren Blick auf das Angebot des von Lothar Kerestedjian 2009 gegründeten Unternehmens zu werfen.
In dessen Download-Bereich steht ein Katalog zur Verfügung, der inzwischen mehr als 35.000 Alben umfasst. Das stilistische Repertoire ist breit gefächert: Neben Klassik, Jazz, Blues, Singer/Songwriter sowie Rock und Pop finden sich viele weitere U-Musik-Genres wie Ambient, Electronic, R&B, Rap und Hip-Hop. Jedes Genre ist wiederum mit zahlreichen Subgenres etikettiert, sodass die Suche nach spezieller Musik erleichtert wird - das Genre Jazz beispielsweise unterteilt sich 19 Stilrichtungen, darunter Contemporary, Fusion, Acid Jazz, Crossover und Modern Jazz. Die meisten Alben werden als FLAC-Dateien mit einer Auflösung von 24 Bit / 96 kHz bereitgestellt, daneben sind auch einige 24 Bit / 192 kHz-Alben und vereinzelt noch höhere Auflösungen zu finden. Außerdem beinhaltet der Katalog etliche Alben im DSD-Format sowie MQA-Produktionen. Für alle Dateiformate gilt: Die Alben werden nur in der originalen Auflösung angeboten, zudem bleiben upgesampelte oder nachträglich in ein anderes Format konvertierte Dateien konsequent außen vor.
Zusätzlich zum Musikkatalog finden sich audiophile Hörtipps und musikalische Empfehlungen; zum redaktionellen Schwerpunkt gehört auch, dass zu vielen Alben ein Booklet zur Verfügung gestellt wird. Der Download gekaufter Musik kann auf zweierlei Weise erfolgen: Zum einen lassen sich alle im Bereich »Meine Downloads« übersichtlich aufgelisteten Files einzeln herunterladen. Die bleiben dort übrigens gespeichert und können jederzeit erneut heruntergeladen werden. Noch komfortabler geht es mit der kostenfrei für macOS X und Windows erhältlichen App »Highresaudio Download-Manager«: Sie ermöglicht den Download aller Einkäufe mit einem Klick. Ein ganz besonderer Service: Sämtliche gekauften Titel können auch auf diverse Geräte gestreamt werden, dabei wird die Qualität automatisch auf die Bandbreite der jeweiligen Internetverbindung angepasst.
Um eine möglichst komfortable Nutzung seiner Angebote abseits des Computers zu gewährleisten, ist Highresaudio Kooperationen mit einer beträchtlichen Anzahl von HiFi-Herstellern eingegangen. Diese haben zu unterschiedlichen Stufen der Integration von Highresaudio in die Geräte geführt: Während manche Hersteller den Download-Manager in die Software ihrer Komponenten respektive in ihre Apps nahtlos eingebunden haben, unterstützen viele andere inzwischen ebenfalls den Streaming-Service. Eine Liste der Hersteller und Geräte ist unten auf der Highresaudio-Website zu finden. Wer hingegen den Computer zumindest gelegentlich als audiophile Tonquelle nutzt und dabei die Player-Software Audirvana Plus verwendet, wird sich freuen, dass deren Entwickler Damien Plisson auch den Streaming-Dienst von Highresaudio in Audirvana Plus für Windows 10 integriert hat (die neue, mit diesem Feature ausgestattete Version für macOS X ist für Ende des Jahres angekündigt). Das Streaming bei Highresaudio gekaufter Musik ermöglicht Audirvana Plus seit 2015.
Für den im Frühjahr diesen Jahres gestarteten On-Demand-Dienst werden zwei Abonnements angeboten: Sechs Monate zum Preis von 99,99 Euro und ein Jahresabo für 199,99 Euro. Darüber hinaus gibt es für 249,99 Euro das Jahresabo mit einer zusätzlichen Download-Option, die Rabatte auf Musikkäufe gewährt. Die Nutzung des gegenwärtig über 30.000 Alben umfassenden Streaming-Dienstes - ohne eine HiFi-Komponente, die ihn integriert hat -, erfolgt mithilfe einer sehr ansprechend gestalteten, kostenfrei für Windows und macOS X erhältlichen Desktop-App. Sie kann auf mehreren Geräten installiert werden, gestattet jedoch nur einen angemeldeten Nutzer, sprich aktiven Client.
Auf eine Browser-Unterstützung wird bewusst verzichtet, denn gemäß seines audiophilen Fokus geht Highresaudio beim Streaming keine Kompromisse ein: Es werden 24-bittige FLAC-Dateien durch die Leitung geschickt, deren Abtastrate nicht begrenzt wird. Streamt man also zum Beispiel ein 24 Bit / 192 kHz-Album, wird es in diesem Format übertragen. Die Streaming-App übernimmt die Decodierung des Datenstroms und wurde entwickelt, um dabei die bestmögliche Klangqualität zu erzielen. Zu diesem Zweck lädt sie den Stream in den Arbeitsspeicher des Computers, daher empfiehlt sich ein modernes Exemplar mit acht GB RAM. Diese Anforderung mag zunächst hoch erscheinen, wird jedoch von den meisten neueren Computern erfüllt. Auf einem MacBook (1,4 GHz i7, 16 GB) hat sich die App als sehr performant erwiesen, obgleich mehrere andere Anwendungen geöffnet waren; die durchschnittliche Auslastung des RAM lag in Summe bei sieben GB. Überdies startete der Stream während meiner Tests trotz einer schmalen Internetanbindung (16 Mbit/s) nach ein bis zwei Sekunden. Aber das Wichtigste: Es klingt wirklich hervorragend!
Interview mit Lothar Kerestedjian,
Geschäftsführer von Highresaudio
av-magazin: Wie erklären Sie sich, dass es nicht mehr unabhängige Anbieter hochaufgelöster Musik gibt?
Lothar Kerestedjian: Wir bedienen eine ausgesprochen anspruchsvolle Zielgruppe, die hohe Erwartungen an den Klang hat. Deshalb haben technisches Know-how und Erfahrung in der Tonverarbeitung sowie eine professionelle Qualitätskontrolle höchste Priorität - schließlich ist digital nicht gleich digital. Solche Anforderungen kann allerdings nicht jeder erfüllen und viele wollen sich darauf lieber nicht einlassen.
av-magazin: Was hatte Sie motiviert, als kleines Unternehmen einen Webshop für Hires-Downloads zu gründen?
Lothar Kerestedjian: Ich konnte die Entwicklung der Mainstream-Musikportale, die ausschließlich massiv komprimierte Musik anbieten, nicht mehr ertragen. Während ich seinerzeit bemüht war, Autohersteller von meinem Mini-D/A-Wandler zu überzeugen, hatte ich festgestellt, wie langwierig und mühsam ein solcher Prozess ist. Das hatte mich letztendlich dazu bewegt, mit Hardware aufzuhören und mich um die Inhalte zu kümmern. Damals gab es nur zwei Labels, die hochaufgelöste Musik eher als Selbstzweck produzierten. Damit war die Idee zu Highresaudio geboren.
av-magazin: Laut GfK haben Streaming-Dienste nicht nur Tonträger, sondern auch Downloads inzwischen weit überholt. Sind Sie deshalb den risikoreichen Schritt gegangen, jetzt auch Ihren eigenen Streaming-Service zu starten?
Lothar Kerestedjian: Für uns als privatfinanziertes Unternehmen ist es in der Tat eine große Herausforderung am Streaming-Markt teilzunehmen. Wir haben knapp drei Jahre lang verschiedene Systeme, Lösungen und Entwicklungen getestet. Wenn dann alles optimal aufeinander abgestimmt ist, macht es riesigen Spaß. Aber wir stehen erst am Anfang und entwickeln den Dienst, Applikationen und die Unterstützung in den Audiogeräten (Netzwerk-Streamer) stetig weiter. Auch mobile Anwendungen für iOS und Android sind in der Entwicklung. Musik-Streaming bietet viele Vorteile, die auch wir unserer Kundschaft nicht vorenthalten wollen. Dabei kann und möchte ich nicht mit großen Konzernen konkurrieren: HRA-Streaming ist ein Angebot an Kunden, die ein ausgewähltes Musikrepertoire in bestmöglicher Klangqualität beziehen möchten.
av-magazin: Glauben Sie, dass Klangqualität bei der Wahl des Streaming-Anbieters auf Dauer eine Rolle spielen wird?
Lothar Kerestedjian: Ja! Aber es geht um noch mehr als die Klangqualität. Wir setzen uns auch mit unserem Musikangebot vom Mainstream ab. Viele Kunden haben nicht die Zeit, sich durch die Angebotsflut der Massenware durchzukämpfen und möchten ihre wertvolle Freizeit gezielt mit anspruchsvoller und gut klingender Musik verbringen.
av-magazin: Wird Streaming langfristig den Besitz von Musik ersetzen?
Lothar Kerestedjian: Nein! Physische Tonträger und Downloads werden weiterhin im Markt existieren. Streaming ist eine Ergänzung, die dem Kunden einen schnellen Zugang zur Musik und die Möglichkeit bietet, Neues zu entdecken. Mit unserem Streaming-Angebot können sich Kunden von unserer Qualität überzeugen und dann entscheiden, ob sie sich den Download kaufen. Im Streaming-Abo bieten wir u.a. ein sehr attraktives Angebot aus Streaming und Download an, um Kunden die Entscheidung für einen Download zu erleichtern. Kunden haben so gleichzeitig eine Absicherung, dass unser Angebot unserem Qualitätsversprechen entspricht.