Der Workshop „Hohe Bildqualität mit 3D“ des AV-Magazins in Zusammenarbeit mit Toshiba umfasst eine Serie in sechs Teilen. Wir zeigen Ihnen die Problembereiche auf, die sich aus der 3D-Darstellung ergeben, und wie Sie das beste Bild erhalten. Das zusätzliche Extra: Zum Themenwechsel am Ende jedes Monats erhalten Sie die Möglichkeit, sich mit uns und Mitarbeitern von Toshiba direkt in Verbindung zu setzen, um Ihre Fragen zu stellen.
Viel Spaß!
Thema 3: „3D ohne Brille“
Noch vor Kurzem schien das brillenlose 3D-Fernsehen in weiter Ferne. Die vorgestellten Prototypen machten wenig Hoffnung: Störende Nebeneffekte versperrten den Weg ins Heimkino. Auf der CES in Las Vegas präsentierten die Hersteller neue Lösungen. Unser Workshop stellt sie vor und sagt, wann wir die ersten „Komfort-3D-TVs“ erwarten dürfen.
Das Prinzip
Seit vielen Jahren schon arbeiten vor allem kleinere Unternehmen oder Forschungseinrichtungen wie das deutsche Fraunhoferinstitut an „autostereoskopischen“ Bildschirmen. Mit ihnen sollen die Brillen, die schon seit den ersten 3D-Versuchen unentbehrlich sind, obsolet werden. Nun haben sich dank des 3D-Booms auch die großen Hersteller dem Thema gewidmet. Deren Forschungskraft und -budget scheint das Entwicklungstempo deutlich zu erhöhen.
Auf der CES in Las Vegas Anfang Januar 2011 haben LG, Sony und Toshiba Prototypen bis 165 Zentimeter Diagonale präsentiert, die es mit zuvor vorgestellten Varianten anderer Labors nicht nur aufnehmen können, sondern sie in der Bildqualität sogar überholen. Toshiba kündigte zudem an, bis April 2012 ein bereits fürs Heimkino geeignetes Modell anzubieten.
Die beiden bekanntesten und erfolgversprechendsten brillenlosen 3D-Ansätze basieren entweder auf Lentikular-Linsen oder der sogenannten Barrieretechnik. Beim Lentikular-Prinzip verlaufen über einem LCD-Schirm in der Senkrechten halbe, zylindrisch angeordnete Linsen. Steht der Betrachter vor dem Schirm, dann blicken die Augen aufgrund ihres Abstands zueinander aus minimal unterschiedlichen Blickwinkeln auf die Zylinder. Die gewölbten Lentikularlinsen sorgen nun mittels Lichtablenkung dafür, dass die Augen jeweils ausschließlich jene Bildpunkte sehen, die sie sehen sollen. Dabei spielen ihnen die Linsen zwei unterschiedliche Bilder mit den beiden, für die 3D-Wahrnehmung grundsätzlich notwendigen Blickwinkeln zu (siehe Grafik).
Als günstigere Alternative zum Linsenfilter kommt die Barrieretechnik zum Zug. Hier arbeitet man mit vergleichsweise einfachen Streifenbändern. Diese sind jeweils 6 Pixel breit und weisen Schlitze auf, die über den einzelnen Pixeln liegen. Sichtbar sind für das jeweilige Auge dabei nur jene Pixel, die für die Darstellung von rechter und linker Bildperspektive zum Einsatz kommen.
Die Probleme
Die beiden beschriebenen, brillenlosen 3D-Techniken bringen sowohl gemeinsame als auch individuelle Probleme mit sich, wegen derer sie noch nicht ihren Weg in die Heimkinos gefunden haben. Wichtigster Nachteil der Barriere- gegenüber der Lentikular-Linsen-Technik: Die Streifen blockieren einen Teil des Lichts, worunter die Schirmhelligkeit leidet. Daher nutzen die bisherigen Ansätze fürs Heimkino vorzugsweise die Linsen-Lösung. Beiden Techniken gemeinsam ist, dass eine saubere 3D-Darstellung nur in bestimmten Sehzonen möglich ist. Man muss also vorgegebene Positionen einnehmen, damit der Blick auf den Schirm passgenau ausfällt. Außerhalb dieses Bereichs wirkt das Bild unscharf. Gegenstand der aktuellen Forschungen ist daher, die Anzahl der 3D-Zonen zu erhöhen. So wird man zum einen beweglicher, zum andern können mehrere Betrachter gleichzeitig 3D schauen.
Neun Sehzonen ind bei den Prototypen derzeit bereits üblich. Doch mehr lassen sich nur schwer realisieren. Grund ist die begrenzte Bildpunktzahl des Panels. Jede Sehzone beansprucht ihre eigenen Pixel für die Bilddarstellung. Daher bleibt bei neun Sehzonen für jede nur noch ein Neuntel der horizontalen Bildpunktzahl des Schirms übrig. Dies führt zu einem deutlichen Schärfeverlust. Jede zusätzliche Sehzone reduziert die Auflösung weiter.
Doch nicht nur in der Horizontalen muss man für einen ausgefeilten 3D-Eindruck fixe Positionen einnehmen. Auch ein bestimmter Betrachtungsabstand ist einzuhalten, damit der Schirm die beiden Bilder 3D-wirksam weiterleiten kann (siehe Grafik).
Die Lösungen
Die Deluxe-Lösung für alle Probleme liefert das deutsche Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut. Dort hat man das Tracking-Prinzip entwickelt, bei dem bis zu zwei, auf einem Lentikular-Schirm angebrachte Kameras die Position des Betrachters verfolgen. Je nach dem, wo er sich befindet, richten die Pixel ihre 3D-Bilddarstellung entsprechend aus, und er kommt in den Genuss der vollen Bildpunktzahl. Erst wenn sich weitere Betrachter dazugesellen und diese ebenfalls mit 3D-Bilder versorgt werden, reduziert sich die Auflösung entsprechend.
Dieser Ansatz ist freilich äußerst aufwendig und teuer. Die Alternative lautet, die Bildpunktzahl des Schirms zu erhöhen. Inzwischen ist es technisch kein Problem mehr, LCD-Schirme mit einer viermal höheren Auflösung herzustellen, als sie Full-HD-Fernseher bieten. Diese „4K“-Schirme sind ebenfalls kostspielig, doch sie liegen bereits in bezahlbaren Größenordnungen.
Alle Hersteller, die an brillenlosen 3D-Techniken arbeiten, verwenden solche Schirme. Über die weiteren Kniffe gibt derzeit allerdings nur Toshiba Auskunft. Aus gutem Grund: Da die Japaner als Erste Lentikular-Fernseher ins Heimkino bringen wollen, gewähren sie etwas tiefere Einblicke. Zudem haben sie auf ihrem Heimatmarkt bereits zwei Modelle platziert – immerhin 12- und 20-Zoll-TVs (30 und 50 Zentimeter Diagonale). Für den europäischen Markt sind laut Toshiba Größen über 102 Zentimeter avisiert.
Bei diesen kommt genau derselbe Schirmaufbau zum Zug wie in den kleineren Modellen. Dabei sind die RGB-Pixel nicht wie üblich nebeneinander, sondern untereinander und leicht schräg platziert. Gleichzeitig sorgt laut Toshiba ein spezieller Aufbau der Lentikularlinsen für eine effizientere Ausbeute der Bildauflösung. Unterm Strich bleibt der Schirm trotz des vorgelagerten Linsensystem gleichmäßig ausgeleuchtet. Zudem wird die Bildpunktzahl opisch weniger reduziert, wodurch sich die Schärfewahrnehmung erhöht.
Gravierender fällt auch das Problem aus, dass bei den bislang bekannten Lentikular-Schirmen der Wechsel zwischen den Sehzonen gemeinhin als sehr plötzlich und auffallend wahrgenommen wird. Toshiba begegnet dieser Herausforderung mit einer aufwendigen Technik: Die Elektronik errechnet aus den beiden Augenperspektiven Zwischenbilder, um einen Übergang jeweils zwischen den Sehzonen zu schaffen. Dabei überlappen sich die jeweiligen Sehzonen ein wenig (siehe obere Grafik). Im Ergebnis wirkt ein Wechsel zwischen den Sehzonen wesentlich fließender und unauffälliger. Das ist wichtig, um im Heimkino den bisherigen Sehgewohnheiten zu entsprechen und dem Betrachter nicht den Eindruck zu vermitteln, er müsse allzu steif auf dem Sofa sitzen. Toshiba stützt sich dabei auf ein technisches Prinzip, das als „Integral Imaging“ bezeichnet wird.
Als weitere Optimierung lenkt das Linsensystem die Lichtstrahlen zudem verstärkt zur Schirmmitte hin. Hierdurch vergrößern sich die einzelnen Sehzonen, innerhalb derer die 3D-Wirkung optimal ausfällt (untere Grafik)
Auch wenn der Zeitplan sehr ambitioniert erscheint, will Toshiba spätestens bis April 2012 die ersten Fernseher dieser Bauart in Europa aufschlagen. Wenn dies klappt, dürfte der 3D-Boom sich nochmals verstärken. Das AV-Magazin ist gespannt und mit dabei.