Nachhaltig begeisternd
Das passt zum leichten Credo dieses Lautsprechers, der dank seiner vergleichsweise wenig komplexen Bauart äußerst gutmütig mit Verstärkern umgeht und sehr schnell akustisch vorteilhaft im Raum platziert werden kann: Etwas näher an der Rückwand fühlt sich der Venere 1.5 ebenso wohl wie freier aufgestellt, wobei seine Tieftonwiedergabe unter einer luftigen Platzierung keineswegs leidet. Dafür mitverantwortlich ist die an der Vorderseite, knapp oberhalb des Gehäusebodens positionierte, schlitzförmige Austrittsöffnung des Bassreflex-Volumens. Der schlicht-elegante Aufbau der Frequenzweiche kommt mit wenigen Bauteilen aus und nutzt das 2-Wege-Prinzip auch im Sinne besonders kurzer Signalwege voll aus. Hinter den Textilabdeckungen zeigt sich ebenfalls ein vertraut wirkendes Bild: Die leicht geneigte Schallwand optimiert das Phasenverhalten. Die Bereiche um die Chassis herum weisen dagegen eine andere Formgebung auf, als von anderen Sonus faber-Modellen gewohnt: Sie sind muldenförmig und lassen die Chassis nicht ganz bündig mit der Schallwand abschließen, so dass eine leicht bündelnde Schallführung erzielt wird.
Ungeachtet des Preispunktes der Venere-Serie rückte Sonus faber auch bei den Chassis vom Grundsatz der Eigenentwicklung nicht ab, sie entstanden unter Mitwirkung des Spezialisten Joseph Szall, der zum Sonus faber-Entwicklungsteam gehört. Um hohe Frequenzen kümmert sich bei allen Venere-Modellen eine Kalotte mit 29 Millimetern Durchmesser, deren Membran aus spezieller, beschichteter Seide gefertigt wird. Der relativ üppige Durchmesser dieses Hochtöners hat Vorteile mit Blick auf seine Schall-Leistung und sein Abstrahlverhalten, zudem kommt dieses Chassis ohne Ferrofluid-Kühlung aus, was den magnetischen Fluss optimiert. Der Tiefmitteltöner des Venere 1.5 hat einen Durchmesser von 15 Zentimetern, seine Membran wird aus Polypropylen und Textil hergestellt, wobei diese beiden Werkstoffe unter Wärmeeinwirkung verbunden werden. Strömungsoptimierte Chassiskörbe vermeiden Kompressionseffekte und gestatten den Chassis eine schnelle, langhubige Auslenkung bei kontrolliertem Resonanzverhalten.
Beachtlich viel Aufwand also für einen Kompakt-Lautsprecher, der vorwiegend als Einstieg gedacht ist, aber schließlich sollen Interessenten ja die Klangwelt von Sonus faber wiederfinden und keinen Vorhof derer betreten. Dennoch muss man bei einem Lautsprecher zum Paarpreis von 1.740 Euro inklusive Stands natürlich realistisch bleiben, was vermag der Venere 1.5 also klanglich wirklich zu leisten? Nun, zunächst einmal nimmt er nicht mit einer HiFi-Historie 'vorbelastete' Zuhörer sofort für sich ein; er spielt sehr lebendig, quirlig und völlig offen 'drauf los, spricht emotional intensiv an. Stimmen und Instrumentierungen lösen sich ausgezeichnet vom Lautsprecher, stehen in einer erstaunlich weitläufigen Raumdarstellung wohl geordnet an ihrem Platz - und in glaubhafter Größe. Bereits hier wird klar, der Venere 1.5 hat mit oberflächlich gefälliger Anmache nicht das geringste im Sinn, seine Spielfreude und Frische sind Teil einer sehr wohl balancierten Abstimmung. Wer sich mit HiFi zuvor nicht sonderlich befasst hat, wird sich darüber wundern, wie natürlich Musik von einer Anlage klingen kann. Kritischen, erfahrenen Ohren hingegen bereitet Sonus faber mit dem Venere 1.5 die echte Riesenüberraschung: Die grandiose Plastizität und Durchhörbarkeit des Venere 1.5 setzt in seinem Segment bereits einen neuen Maßstab, so viel Schlüssigkeit und audiophile Reife hätte man ihm allerdings einfach doch nicht zugetraut, selbst wenn man weiß, dass Sonus faber das irgendwie allen seinen Lautsprechern beibringt.