Puls-Raten-Modulation
Technisch gesehen weist der DSi200 darüber hinaus ein weiteres, für Audio Research typisches Merkmal auf: Die wenigen, kurzen Kabelwege sind sämtlich mit Solid Core-Leitern ausgeführt, die meisten dieser Adern bestehen aus Reinsilber. Im höchstwertigen Segment sind aus Solid Core-Leitern gefertigte Kabel für NF- und Lautsprecherverbindungen erste Wahl; wenn die Elektronik intern mit dieser Technologie aufgebaut ist, lohnt es sich einmal mehr, entsprechende Interconnects und Lautsprecherkabel auszuprobieren.
Neben unseren Redaktionskabeln, von denen einige ebenfalls Solid Core-Leiter sind, haben wir für den Hörtest des DSi200 Kabel von Goertz eingesetzt, namentlich die Lautsprecherkabel MI 3 Divinity und das MI 2 Veracity sowie das Interconnect Micro Purl. Beide Kabel harmonieren offenkundlich hervorragend mit der Audio Research-Technologie, unterstützen den DSi200 mit exemplarischer Durchlässigkeit und Verfärbungsfreiheit in idealer Weise. Doch vor dem Versuch, den klanglichen Genuss mit dem DSi200 in Worte zu fassen, sei ein persönliches Urteil zur Optik erlaubt. Die großen Transportgriffe, bequem zwischen den Fingern liegende, große Schalter für Quellwahl und Lautstärke - diese robuste Eleganz scheint Class D-Skeptikern gleich versichern zu wollen, dass der DSi200 auch ein echter Audio Research ist und verleiht ihm die gebietende Ausstrahlung eines über Moden erhabenen Kraftwerks. Seine üppigen Schalter betätigen allerdings keine deutlich vernehmlich rastenden Relais, sondern elektronische Impulsgeber: Um die Quellen durchzuschalten oder die Lautstärke zu regeln, genügt es, die Schalter nur kurz nach links oder rechts zu bewegen, für erhebliche Lautstärkeänderungen kann der Schalter auch gehalten werden.
Mit dem Beethoven Concert Grand von Vienna Acoustics haben wir einen adäquaten Spielpartner für den DSi200 gefunden; der Audio Research kommt mit praktisch allen Lautsprechern wunderbar klar, Schallwandler sind ihrerseits dagegen sehr gefordert, mit dessen Auflösungsvermögen und Geschwindigkeit mitzuhalten. Der DSi200 paart bedingungslose Autorität und furiose Kraftentfaltung mit atemberaubender Schnelligkeit und faszinierender Transparenz. Klassische Musik verdeutlicht diese Charakteristik des neuen Audio Research besonders eindrucksvoll: Der DSi200 lässt unglaublich pur wirkende Töne wirklich ansatzlos entstehen; ein zart perlender Klavieranschlag, aus dem Nichts geboren, erfüllt plötzlich den Hörraum wie ein Streichholz das Dunkel erhellt. Eine derart spektakuläre Impulsivität und Reinheit der Wiedergabe steht etwa so zu Gewohntem im Verhältnis wie kaltes, klares Wasser zu naturtrüben, lauwarmen Säften. Auch bei komplexeren Werken wie den Symphonischen Tänzen von Rachmaninoff wird jede Nuance so deutlich wahrnehmbar, als sei sie in diesem Moment das einzige Klanggeschehen.
Dabei erscheint der DSi200 nie seziererisch oder desintegrierend, ganz im Gegenteil: Seine Transparenz umfasst immer das Ganze, verantwortet eine organische, flüssige Spielweise voller Atmosphäre. Extrem dynamikreiche, rauschfreie Einspielungen wie die 24Bit-HDCD von Reference Recordings mit Eiji Oue und dem Minnesota Orchestra sind wie für den DSi200 geschaffen: Der Boden des Orchestergrabens wirkt entstaubt, die ersten Streicher erstrahlen schmelzig aus der Tiefe eines riesigen Raumes und künden vom Spektakel. Wenn das ganze Orchester einsetzt, gibt es für den und mit dem DSi200 kein Halten mehr: Selten habe ich einen so unwiderstehlichen Drang verspürt, einfach mal noch lauter zu machen. Wenn ein Energy Star-Rating so klingen kann, dann sei die Class D-Technologie herzlich willkommen.