E.A.T. Jo No 5
Der Klang der großen, weiten Welt
E.A.T. schickt mit dem Jo No 5 seinen zweiten Tonabnehmer ins Rennen um die Gunst audiophiler Analog-Liebhaber. AV-Magazin hat sich das neue MC angehört.
Fünf Jahre ist es nunmehr her, dass Jozefina Lichtenegger den Sprung in die Riege der Tonabnehmer-Hersteller wagte. Ihr damaliges Debüt hätte fulminanter nicht sein können: Das Design des Yosegi ist wegen seines mosaikartig zusammengesetzten Holzkorpus bahnbrechend. Für ihre zweite Kreation, die aufgrund der Limitierung des Yosegi auf 300 Exemplare inzwischen de facto allein im Portfolio dastehen dürfte, ging die E.A.T.-Chefin allerdings einen völlig anderen Weg. Das Gehäuse des Jo No 5 wird aus Polyamid gefertigt, wobei eine als »selektives Lasersintern« bezeichnete Methode verwendet wird. Bei diesem additiven Fertigungsverfahren handelt es sich um eine Art 3D-Druck; der Korpus und der Nadelschutz des Tonabnehmers werden auf Basis eines dreidimensionalen CAD-Modells Schicht um Schicht aufgeschmolzen. Auf diese Weise lassen sich beliebige Formen vergleichsweise einfach sehr präzise herstellen, was für das Jo No 5 auch ausgenutzt worden ist: Der Korpus verjüngt sich in sanften Schwüngen horizontal und vertikal nach vorne, alle Ecken sind großzügig abgerundet. Die Leichtigkeit dieses organischen Designs ohne Ecken und Kanten unterstreicht die markante Farbgebung in einem Mintgrün, die in charaktervoller Schönschrift gestaltete Typenbezeichnung und der Nadelschutz sind kontrastierend in Schwarz gehalten.
Mit einem Verkaufspreis von knapp 1.200 Euro siedelt sich das Jo No 5 in einem hart umkämpften Segment an und markiert preislich den Einstieg in die Welt der »richtig großen« Systeme, an die hohe Erwartungen gestellt werden dürfen. Die erfüllt die Präsentation des Abtasters schon einmal vollauf: Er wird in einer hochwertigen, sehr ansprechend gemachten Holzschatulle geliefert. Deren Form greift die Designsprache des Tonabnehmerkorpus auf; die Innenseite des Deckels ist aufwendig verziert, während der Boden mit schwarzem Samt ausgekleidet ist. Aus technischer Sicht gehört das Jo No 5 zur Gattung der Moving-Coil-Systeme, mit einer Ausgangsspannung 0,33 Millivolt darf es innerhalb derer als High-Output-System gelten. Daher benötigt es keine hohe Vorverstärkung und stellt insofern keine besonderen Anforderungen an Phonostufen; um ein solches System mit gehobenem Anspruch klanglich zumindest nicht allzu sehr zu limitieren, sollten allerdings hochwertige externe Phono-Verstärker verwendet werden. Die Spulen des Magnetsystems werden aus hochreinem 4N-Kupfer gewickelt; der Nadelträger des Jo No 5 weist eine mittelharte Aufhängung auf, damit eignet sich der Abtaster für mittelschwere Tonarme.
Beim Schliff des Abtastdiamanten setzt E.A.T. auf die Nude-Fine-Line-Variante, die theoretisch unter gleichen Bedingungen haltbarer ist. E.A.T. verwendet sie allerdings wegen klanglicher Vorzüge bei hohen Frequenzen, und das wird gleich bei einem der ersten gehörten Musikstücke nachvollziehbar: »In Silence« von Amelie Lens. Allerdings sollte dieser auf der 12“-Vinyl »A-Sides Vol. 1« vom schwedischen Label Drumcode Records enthaltene Track darüber nicht in erster Linie Aufschluss geben, sondern vielmehr die Tieftonqualitäten des Jo No 5 ausloten. Im Frequenzkeller lässt es die gefeierte Antwerpener DJane ordentlich zur Sache gehen, das E.A.T.-System beweist hier außerordentliches Stehvermögen und immense Durchschlagskraft. Zudem demonstriert das Jo No 5 hierbei eindrucksvoll, dass es sowohl runde, federnde Beats als auch abgründige, trockene Bass-Loops perfekt in Szene setzen kann. Aber natürlich ist ein solcher Tonabnehmer zu Höherem berufen, deshalb soll das neue E.A.T. sein Potenzial mit einem Half-Speed-Mastering des audiophil ambitionierten Klassik-Labels Tacet zeigen: Das Kammerorchester Stuttgart spielt Vivaldis Konzert für drei Violinen und Orchester in F-Dur, RV 551. Das Jo No 5 zeichnet hierbei eine glaubhaft dimensionierte, hervorragend durchhörbare Bühne und staffelt die Besetzung akkurat. In mittleren Lagen bedient es sich einer äußerst reichhaltigen Farbpalette, die es minutiös abgestuft darbietet, und agiert feindynamisch bemerkenswert agil. So eröffnet das Jo No 5 die ganze Klangdimension der Violinen; zugleich lässt es den Hörer mit seiner ebenso flüssigen wie plastischen und verbindlichen Spielweise völlig in diese sehr direkte, atmosphärisch dichte Aufnahme eintauchen.