Canton Vento 80 im Test:Technologie & Hörtest
Die wesentlichen Unterschiede betreffen den Bassbereich: Beim mächtigen Vento 100 sind dafür zwei 220-mm-Treiber zuständig, im Vento 90 arbeiten zwei 192-mm-Tieftöner. Der Vento 80, der immerhin fünfzehn Zentimeter weniger in die Höhe ragt und fünfeinhalb Zentimeter schmaler ist als das Topmodell, ist dagegen für den Tieftonbereich mit zwei 174-mm-Treibern bestückt. De facto handelt es sich im Falle dieses Bass-Duos um die gleichen Chassis, die im Mittelton zum Einsatz kommen. Ihre Membrane werden aus Titan-Graphit hergestellt, wobei die molekulare Struktur ihrer Oberflächen in einem chemischen Prozess optimiert wird, um bei geringerer Masse mehr Stabilität und Dämpfung zu erzielen. Die Kalotte des Hochtöners entsteht in einem ähnlichen Fertigungsprozess, dabei wird die Oberfläche der Aluminiumfolie zu einem genau definierten Anteil in die Molekularstruktur von Keramik umgewandelt.
Auch die übrigen konstruktiven Merkmale des Vento 80 entsprechen denen der größeren Standlautsprecher, wozu vor allem das schwere, aus Mehrschichtlaminat gefertigte Gehäuse zählt. Hohe Wandstärken, Masse und der mehrlagige Aufbau gewährleisten zusammen mit internen Verstrebungen die nötige Stabilität, um Gehäuseresonanzen auf ein absolutes Minimum zu reduzieren. Der Sockel ergänzt das formschöne Design und schafft unterhalb des Korpusbodens Freiraum für die Ventilationsöffnung des Bassreflex-Volumens. In Sachen Weichendesign setzt Chefentwickler Frank Göbl auf einen schlanken Aufbau mit flacher Filterung in Kombination mit mechanischer Dämpfung seitens der Chassis. Die Membrane aller Konustreiber sind in Cantons dreifach gefalteter Wave-Sicke aufgehängt, die einen linearen Hub gewährleistet.
Der Vorteil dieser breit aufgestellten Serie mit konsistenter Technologie liegt auf der Hand, denn so können Interessenten bedenkenlos den Vento 80 wählen, ohne auf bestimmte technische Merkmale verzichten zu müssen. In vielen Fällen wird daher »weniger« mehr sein, zumal auch zwei 174-mm-Basstreiber beileibe nicht zu verachten sind.
Hörtest
Was die in diesem Kontext leisten können, zeigt sich schon während die obligatorische Jazz-Playlist zum Aufwärmen läuft, Kontrabässe haben wunderbar Körper und zeigen ihre typische autoritäre Schwärze. Das Tieftonvermögen des Vento 80 genauer mit einigen Techno-Favoriten zu erkunden, hebe ich mir allerdings bis zum Schluss auf. Zuvor soll der Vento 80 mit einer exzellenten Produktion seine audiophilen Qualitäten unter Beweis stellen: Dem aktuellen Album »On & On« von Carolin No. Hierbei liegt das Augenmerk auf der facettenreichen Stimme der Sängerin Carolin Obieglo, die sehr direkt eingefangen und größtenteils nicht nachbearbeitet wurde. Der Vento 80 bildet ihren Tonumfang mühelos ab und zeichnet ein richtig proportioniertes Abbild, mit messerscharfen Konturen. Atmen, ein leichtes Vibrieren der Stimme, der emotionale Ausdruck, all das vermittelt der kleine Vento-Standlautsprecher ganz unmittelbar und sorgt für ein Gefühl leibhaftiger Präsenz.
Anschließend spielt Hélène Grimaud zusammen mit dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin unter der Leitung von David Zinman das Klavierkonzert in a-Moll, Op. 54 von Robert Schumann. Der Vento 80 entwirft hier eine glaubhaft dimensionierte Bühne mit dem Flügel im Vordergrund und dem Orchester in gebührendem Abstand dahinter positioniert. Dabei leuchtet der Vento 80 das Geschehen bis zu den in der hintersten Reihe aufgestellten Pauken taghell aus und ordnet die Instrumentengruppen akkurat an, grenzt auch innerhalb der Bläser und Streicher einzelne Instrumente klar voneinander ab. Der Flügel steht da als dreidimensionales Gebilde, ebenfalls messerscharf umrissen und realistisch dimensioniert. Zudem bildet der Vento 80 auch dessen dynamischen Umfang souverän ab und entfaltet seine ganze Klangfarbenpracht. Vor allem aber profitiert diese Einspielung von seiner feinsinnigen, hoch atmosphärischen Darbietung, die das viel zitierte, nicht allzu Werk-nahe Spiel von Hélène Grimaud in allen Nuancen voll zur Geltung bringt - ein Hochgenuss.
Zu guter Letzt muss sich der Vento 80 nun dem Bass-Check unterziehen, und zwar mit zwei virtuosen Damen der Techno-Klangkunst. Den Anfang macht Charlotte de Witte mit dem Track »How You Move« aus der gleichnamigen EP, und der Canton lässt sich nicht lang bitten: Er schleudert die tiefen Beats erdig und knackig federnd in den Raum, punktgenau und druckvoll. Gleichzeitig unterlegt er den Rhythmus mit schwarz grummelnden Bassläufen und arrangiert psychedelisch angehauchte Sounds minutiös sortiert in einem breiten Panorama. Noch ein, zwei Oktaven tiefer langt Paula Temple bei »Raging Earth« (Album »Edge Of Everything«) hin, gleich zu Beginn dieses grandiosen Tracks beschwören abgrundtiefe, verzerrte Bass-Sequenzen eine düstere Stimmung herauf. Der Vento 80 schiebt sie als geradezu bedrohlich wirkende Klanggebilde energisch nach vorne, demonstriert eindrucksvoll, wie wichtig tiefe Register für den emotionalen Faktor sind - nicht nur bei solcher Musik. Auch die voluminösen, hier trocken kolorierten Beats serviert der schlanke Vento-Standlautsprecher völlig präzise, ohne mit der Wimper zu zucken - herrlich!