Immer ganz locker
Leider gibt es auch außerhalb des Mehrkanal-Segmentes viele schlecht klingende Class D-Designs; Fakt ist allerdings ebenso: Um diese Technologie haben sich innerhalb der letzten Jahre immer mehr High-End-Hersteller verdient gemacht und sie entscheidend verbessert, inzwischen gibt es einige Class D-Entwicklungen mit exzellenten audiophilen Qualitäten. Prinzipiell sprechen nicht nur grüne Argumente für Schaltverstärker, besonders ihre Schnelligkeit macht sie klanglich interessant. Primare reklamiert für seine spezielle UFPD-Technologie, klassische Probleme von Class D-Schaltungen wie ausgeprägte Impedanz- und Frequenzabhängigkeit vollständig beseitigt zu haben und über das gesamte Spektrum hinweg konstante Signalverabeitungseigenschaften gewährleisten zu können. Hauptsächlich besteht der besondere Kniff der UFPD-Topologie darin, die Verstärker- und die Filterstufe zu integrieren, anstatt sie separat auszuführen, und anhand des Filteroutputs eine adaptive Gegenkopplung zu realisieren. Auf diese Weise sollen Filterresonanzen eliminiert und eine weitreichend von Frequenz und Impulsform unabhängige Stabilität erreicht werden.
Für unseren Hörtest haben wir den CD22 und den I22 jeweils separat mit anderen Komponenten und als Duo gehört, ebenso haben wir beiden Kandidaten Files von Festplatte zugeführt. Dabei fällt sofort auf, wie stark auch MP3-Files von der D/A-Wandlung des CD22 und des I22 gleichermaßen profitieren: Bei 192er- und 256er-MP3's kommt Leben ins Spiel, die Musik wirkt flüssiger und die Darbietung verliert fast gänzlich ihre Schärfe, sogar dynamisch vermögen CD22 und I22 dieser To Go-Kost Spannung zu entlocken. Um die Fähigkeiten des CD22 in seinem eigentlichen Element, der CD-Wiedergabe, auszuloten, haben wir zum Direktvergeich dieselbe Musik im unkomprimierten AIFF-Format vom iPod mithilfe des T+A-Docks über den I22 gehört. Dabei zeigt sich schnell die involvierende Spielweise des CD22, er macht gegenüber dem iPod zuweilen mehr Atmosphäre, rückt die Bühnenabbildung etwas weiter in Richtung Zuhörer und verleiht insbesondere Stimmen einen Hauch mehr Atem. Gelegentlich nimmt der CD22 hierbei auch eine aktive Rolle ein, seine Interpretation vermag jedoch stets emotional anzusprechen und zu überzeugen. Dabei spielt es keine Rolle, dass die Abbildung bei Files im Vergleich zum CD22 manchmal etwas geordneter und transparenter wirkt, denn ohne sich in die teils allzu geschmäcklerische Debatte „CD versus Files“ zu begeben, kann man nur sagen: Primares CD22 entspricht gerade mit seiner Spielfreude der Intention eines CD-Players seiner Klasse und übertrifft deren übliches Klangniveau deutlich, empfiehlt sich so für alle, die abseits penibler Quantifizierungen Musikalität zu schätzen wissen. Und genau diese Fähigkeit auf den Punkt zu kommen zeichnet auch den I22 aus, obgleich er klanglich neutraler zu Werke geht, sehr neutral sogar. Der I22 spielt herrlich flink, griffig und offen; wenn ich sage, dass er wie ein Class D-Verstärker klingt, dann ist dies als großes Kompliment zu verstehen, denn der Primare I22 ist zweifelsohne ein moderner, wirklich audiophiler Vertreter dieser Gattung. Seine Fokussierung und räumliche Auflösung bleibt auch bei hohen Pegeln felsenfest; und ganz offenkundlich kennt der I22 keinerlei Schwierigkeiten mit größeren Lautsprechern wie den Canton Vento 890 DC. Sein Bassbereich ist schlank abgestimmt, sehr differenziert und blitzschnell, knüpft dank dieser Präzision vollkommen bruchlos an das übrige Spektrum an. Dazu wirkt der I22 jederzeit völlig unangestrengt, spielt zugleich hochauflösend und stressfrei. Dynamisch macht ihm ohnehin keiner so schnell etwas vor: Der Primare I22 besitzt reichlich Attacke und erspurtet jeden feinen Spannungsbogen. Beide Primares sind für sich genommen eine unbedingte Empfehlung wert; zusammen ergänzen sich CD22 und I22 ideal und bilden ein ausgesprochen klangstarkes Team.