Innere Größe
Mit anderen Augen betrachtet erblickt man in der Gestalt der Fact 8 einen edlen, grazil anmutenden Lautsprecher, dessen von klarer Formensprache, hochwertigen Furnieren und wohl dosierten Akzenten geprägte Erscheinung großen Reiz ausübt. Zierliche, chromierte Ausleger kontrastieren mit den dunklen Furnierausführungen Tiger-Ebenholz und Walnuss, handpolierte Spikes sowie mit Reinsilber überzogene Anschlussklemmen und Überbrücker zeugen von Liebe zum Detail und ausgeprägtem Qualitätsanspruch. Sehr galant gelöst ist auch die Befestigung der Frontabdeckungen: Unsichtbar in die Schallwand eingearbeitete Magneten fixieren den mit schwarzem Textil bespannten Rahmen, wobei die Fact 8 ohne Grill nichts von ihrer dezenten Eleganz einbüßt: Ihre schwarzen Chassis-Montageplatten sind bündig in die Schallwand eingelassen, die unten am Korpus befindliche Austrittsöffnung ist mit einem schwarzen Schaumstoff-Element kaschiert.
Die Schallwand der Fact 8 misst in der Breite exakt 15,5 Zentimeter, trotz optimaler Platzausnutzung muss sie daher mit zwei 140 Millimeter durchmessenden Tiefmitteltönern auskommen, deren Membrane aus besonders leichtem und steifem Polypropylen hergestellt werden. Kein Problem, mag man sich denken, für diesen Spagat zwischen Tiefton und Modelmaßen gibt es ja schließlich seitlich positionierte Basschassis. Doch Fehlanzeige: Wer um die extrem schlanke Säule auf der Suche nach diesem populären Kunstgriff herumgeht, wird nicht fündig. Wie also will PMC mit dieser augenscheinlichen technischen Beschaffenheit der Fact 8 eine Full-Range-Wiedergabe ermöglichen?
Das Geheimnis verbirgt sich hinter den drei Buchstaben „ATL“, der Abkürzung für „Advanced Transmission Line“. PMC schwört seit je her auf das im Allgemeinen aus der Mode gekommene Prinzip einer Transmission Line und hat eine eigene Konstruktion entwickelt, die hinsichtlich Gehäusematerialien und Formgebung im Laufe der Jahre immer weiter perfektioniert wurde. Eine Transmission Line ist ganz grundsätzlich einem Bassreflex-System insofern ähnlich, als sie unter anderem ebenfalls die Wirkung des Membranhubs unterstützt. Im wesentlichen Unterschied zu einem Bassreflex-Kanal ermöglicht die Transmission Line allerdings weiter reichende Möglichkeiten der Resonanzabstimmung und kann einem Lautsprecher zu einer erheblich tieferen Grenzfrequenz verhelfen. So spielt die Fact 8 dank ihrer aufwendigen Transmission Line bis zu fast unglaublichen 28 Hertz hinunter, einem unabhängig von Lautsprechergröße und Chassisbestückung mehr als respektablen Wert.
Was normalerweise tunlichst vermieden wird, nutzt eine Transmission Line geschickt aus: Ein exakt berechneter, mehrfach gefaltener Kanal wirkt als Resonator und erzeugt mit der vom Chassis verdrängten Luft eine stehende Welle im Gehäuseinneren; dieses so genannte Koppelvolumen erhöht den Schalldruck, dem Prinzip einer Orgelpfeife ähnlich. Die untere Grenzfrequenz des Lautsprechers resultiert aus der effektiven Länge der Transmission Line, einfach gesagt: Soll der Lautsprecher richtig soliden Tiefton bieten können, muss der Kanal sehr lang sein, im Falle der Fact 8 beträgt die effektive Länge stolze drei Meter. Eine ausführlichere Erläuterung des Transmission Line-Prinzips finden Sie übrigens in unserem Testbericht über die PMC FB1i.
Aufgrund ihrer Komplexität und einer Vielzahl zu berücksichtigender Faktoren sind Transmission Line-Konstruktionen diffizil, um sie wirklich in den Griff zu bekommen bedarf es einer gehörigen Portion Know-how und Fingerspitzengefühl. So muss beispielsweise der Kanal an mehreren Stellen richtig bedämpft werden, um die so genannte Schallschnelle in seinem Inneren frequenzabhängig richtig zu steuern und zu gewährleisten, dass mittlere und höhere Frequenzen vom Resonatorkanal unbeeinflusst bleiben. Profundes Wissen ist vor allem gefragt, damit Hörer keinen irreführenden Eindruck davon bekommen, warum eine Transmission Line technisch gesprochen auch Verzögerungsleitung genannt wird, sondern der Tiefton zeitlich bruchlos mit dem höheren Spektrum harmoniert.