Protzfrei
Das Äußere des RV 1 wurde bewusst unspektakulär gehalten, jegliches Klischee sattsam bekannten Röhren-Vorzeige-Designs sorgsam vermieden. In der geraden Ansicht von vorne verbirgt die hoch gezogene Frontblende gänzlich den Blick auf die durchaus anziehend wirkend schimmernden Glaskolben, erst recht im Betrieb mit montiertem Schutzgitter aus Rücksicht auf Kinderhände und Katzenpfoten gibt sich der Magnat erst bei genauerem Hinsehen als Traditionalist zu erkennen - von betont exotischem Showcase keine Spur. Hochglanz-polierte, blitzende Chromfronten sind ebenso Fehlanzeige, statt dessen begnügt sich der RV 1 mit einem gediegenen Gewand aus matten, nicht gebürsteten Aluminiumteilen, die allerdings mit vorbildlicher Präzision gefräst und bloß zum Zwecke mechanischer Stabilität respektabel dick ausgeführt sind. Sämtliche Bedienelemente auf der acht Millimeter starken, seitlich anmutig geschwungenen Frontplatte sind ebenfalls aus dem Vollen gefräst, laufen beziehungsweise rasten herrlich präzise. Neben dem Einschaltknopf sind dies ein Lautstärke- und ein Balanceregler sowie ein Quellwahlumschalter, mithilfe der soliden Fernbedienung im standesgemäßen Metallgehäuse lassen sich Lautstärke und eine Mute-Funktion auch bequem vom Sofa aus steuern. Sowohl im direkten als auch im Kontakt via Fernbedienung teilt die Anfassqualität des RV 1 seinem Besitzer subtil, jedoch unmissverständlich mit, dass er es hier nicht mit irgendeinem Verstärker zu tun hat. Diese Botschaft verkündet auch das Innenleben des RV 1: Die feinfühlige Regelung von Lautstärke und Balance übernehmen motorgetriebene Präzisions-Potentiometer des Spezialisten ALPS, intern werden die Eingänge mit hochwertigen Relais geschaltet.
Phonostufe, Vorstufe, Netzteil und Endstufe des RV 1 sind fein säuberlich durch Abschirmbleche voneinander getrennt, um elektromagnetische Einflüsse von außen sowie zwischen den Sektionen zu minimieren. Beim Phono-Eingangsteil wurde mit Blick auf die hier verarbeiteten, schwachen und daher sensiblen Ströme natürlich der bestmöglichen elektromagnetischen und mechanischen Abschirmung sowie einer verlustarmen Signalverarbeitung besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Deshalb sitzt das Vorverstärkungsabteil für Signale von Moving Magnet-Tonabnehmern sehr nahe bei den entsprechenden Eingangsbuchsen hinten rechts auf dem Gehäusedeckel, zur zusätzlichen Schirmung werden die hier werkelnden Röhren von einem separaten Abschirmgitter behütet. Kurze Signalwege sind freilich generell eine der priorisierten Maßgaben des Magnat-Layouts, aus diesem Grund befindet sich das aufwändige Netzteil des RV 1 genau mittig angeordnet und kann von dort aus alle Schaltkreise mit neun separat stabilisierten Spannungen auf optimierten Wegen ansteuern. Manches Konstruktionsdetail wurde im Sinne des Qualitätsgedankens an die edle, alterwürdige Röhrentradition der Sechziger- und Siebzigerjahre angelehnt, schließlich spendierten namhafte Hersteller ihren Werken damals teils sehr aufwändig zu fertigende Lösungen, die später der Wirtschaftlichkeit weichen mussten. Bestes Beispiel hierfür liefert der RV 1 mit seinen links und rechts vom Netztrafo platzierten Ausgangsübertragern: Deren Kerne sind mit hochwertigen, in klassischer EI-Form gestanzten Transformatorenblechen aus einer Silizium-Eisen-Legierung aufgebaut, obgleich diese Bauart allgemein als die Königslösung anerkannt wird, bleibt sie heutzutage zumeist deutlich teureren Röhren-Verstärkerdesigns vorbehalten.