Strikt fokussiert
Verglichen mit derartiger High-Tech wirken Lautsprecher geradezu wohltuend unkompliziert, auf den ersten Blick jedenfalls. Doch die als 3-Wege-System konzipierte SB-G90 hat konstruktiv ebenfalls einige Besonderheiten zu bieten, wie sich bei genauerer Betrachtung zeigt. Allen voran rangiert das von Technics entwickelte Koaxial-Chassis: Bei diesem Chassistyp ist der Hochtöner zentral innerhalb des Mitteltöners positioniert, in diesem Fall sitzt der Träger des Hochtöners direkt in der Öffnung des Mittelton-Subkonus. Koaxiale Mittel-Hochton-Einheiten wurden entworfen, um sich dem Ideal der Punktschallquelle anzunähern. Ihr größter klanglicher Vorteil besteht darin, dass hohe und mittlere Frequenzen dank dieser speziellen Anordnung - in Verbindung mit der obligatorischen Laufzeitkorrektur seitens der Frequenzweiche - ohne größeren zeitlichen Versatz zum Hörer gelangen. Dadurch können Koaxialchassis eine besonders bruchlos und pointiert wirkende sowie räumlich sehr präzise Wiedergabe des hohen und mittleren Spektrums erreichen.
Für die Schallwandlung hoher Frequenzen ab 3,2 Kilohertz setzt Technics eine Kalotte mit 2,5 Millimetern Durchmesser ein, die aus anodisiertem Aluminium gefertigt wird und mit einem Phase Plug versehen ist. Ihre Form wurde mithilfe von Simulationen optimiert, um einen möglichst großen Übertragungsbereich nach oben zu ermöglichen. Die Energie des kräftigen Antriebssystems übertragen so genannte Unterhang-Schwingspulen: Deren Magnetspalt wird mit einer magnetischen Flüssigkeit aufgefüllt, die Wärme effizient ableitet. Den Konus des 160 Millimeter durchmessenden Mitteltöners stellt Technics ebenfalls aus anodisiertem Aluminium her, und auch in dessen Antrieb kommen Unterhang-Schwingspulen zum Einsatz. Die Vorteile der koaxialen Anordnung werden voll ausgereizt, indem eine spezielle Ausformung der Membran dafür sorgt, dass der Mittelpunkt ihrer Schallerzeugung axial möglichst nahe an die Hochtonkalotte rückt. Verzerrungen innerhalb des besonders kritischen mittleren Frequenzbereichs soll eine vor der Membran positionierte Kupfer-Polkappe minimieren. Der stabile Druckguss-Chassiskorb wurde mit zusätzlichen Verstrebungen ausgestattet, die der Resonanzableitung dienen. Die beiden 160-Millimeter-Tieftöner sind mit dem Mitteltonchassis weitgehend baugleich; eine neu entwickelte Membranaufhängung ermöglicht hier dem Konus, lange Hübe kontrolliert zu vollziehen. Ihre verwindungssteife Aluminium-Membran zeichnet sich zwar durch geringe Masse aus; dennoch ist das leistungsstarke Antriebssystem der Tieftöner mit Doppelmagneten aufgebaut, um sie adäquat zu beschleunigen.
Resonanzoptimierung ist generell eine vitale Angelegenheit bei Lautsprechern, und Technics hat sich bei der SB-G90 dieser Problematik besonders eingehend gewidmet. Deshalb verfügt die robuste Gehäusekonstruktion über vier horizontale Verstrebungen, die zusätzlich für Festigkeit sorgen. Die aufwendig konzipierte Frequenzweiche wird in einem abgeschlossenen Gehäuseteil - durch einen doppelten Boden des Korpus geschaffen - montiert, um ihre Bauteile vor der Schallenergie der Bass-Chassis zu schützen. Eine asymmetrisch geformte, bedämpfte Kammer isoliert das Koaxialchassis vom restlichen Innenvolumen, doch der besondere Clou dieser Gehäusekonstruktion ist eine zweite Schallwand: Sie befindet sich einige Zentimeter hinter der äußeren Schallwand und reicht vom Oberteil der Frequenzweichen-Kammer bis zum Gehäusedeckel. Diese innere Schallwand fungiert jedoch nicht in erster Linie als weiteres Stabilisierungselement, sondern dient als Befestigungsrahmen für die Chassis.
Üblicherweise werden die Montageplatten der Treiber mit der Schallwand verbunden, bei dieser Vorgehensweise können sich allerdings Vibrationen der Chassis auf die Schallwand übertragen und von dort auf sie zurück wirken. Vor allem jedoch sehen die Technics-Ingenieure ein ganz anderes Problem: Wenn der Befestigungspunkt der Treiber weit entfernt von ihrem Schwerpunkt liegt, bringen die Antriebskräfte der Schwingspule Vibrationen in die ganze Chassiseinheit ein. Deshalb werden die Treiber der SB-G90 an ihrem Magnetsystem, dort wo der Schwerpunkt liegt, in der zweiten Schallwand fixiert. Bei dieser »Balanced Driver Mounting Architecture«, kurz »BDMA« genannten Architektur dient die Verbindung der Chassis mit der außen liegenden Schallwand nur der hermetischen Versiegelung, spielt aber im Wortsinn keine tragende Rolle.