Simplicity for Music
Insoweit man die eigenständige, attraktive Optik und die Funktionalität des Solo Music als Pflicht bezeichnen will, bleibt noch die Kür zu prüfen - hält das Unterhaltungsmultitalent sein großes klangliches Versprechen? Im Gegensatz zur klassische HiFi-Wertvorstellungen umkrempelnden Konzeption verlangt das Solo Music ganz traditionell nach Einspielzeit, obwohl die klangliche Darbietung sofort gefällig gelingt und spontan positiv überrascht, lohnt sich aufmerksames Hinhören zu Testzwecken erst nach drei Tagen während derer das Solo Music immer in Betrieb sein sollte. Auch danach empfiehlt sich die Nutzung der Standby-Schaltung, längere Trennung vom Netz gefällt dem Arcam vorübergehend genauso wenig wie anderen High End-Komponenten auch. Ebenso typischerweise entfaltet die Performance des Solo Music im Verlauf von etwa zwei weiteren Wochen intensiver Nutzung ihr volles Vermögen, die Geduld für diese Reifungszeit aufzubringen, wird reich belohnt. Das Tunerteil weckt sowohl im DAB-Betrieb als auch im FM-Band die Lust am häufigeren, konzentrierten Radiohören, die hierzulande bevorstehende Abschaltung von DAB wird angesichts der mit dem Solo Music gebotenen Klangqualität nur umso bedauerlicher. Zum Glück vermag der FM-Tuner eindrucksvoll aufzuzeigen, dass das Medium Radio auch analog zu wesentlich mehr als Hintergrundberieselung oder Auto-Zeitvertreib taugt, für regenerative Abendgestaltung empfehlen sich beispielsweise immer wieder die Übertragungen klassischer Konzerte auf WDR 3, deren Klangqualität manche CD alt klingen lässt und somit für das Kulturgut Radio wirbt, das im allgemeinen fortschreitend zu Noise degradiert wird.
Nach angemessener Dekantierung muss das Solo Music mit zumindest klanglich schwerer Kost seine Qualitäten beweisen. Aus der New Age-Ecke kommt der erste große Prüfstein „Zen Breakfast“. Dahinter verbirgt sich eine nicht numerierte Reihe von Real Music publizierter Alben mit sphärisch-kontemplativer Musik unterschiedlicher Künstler, wobei ein Musiker jeweils eine ganze Edition bestreitet, in diesem Fall Karunesh. Musikalisch gesehen bietet Karuneshs Zen Breakfast einige wenige Klangreisen die aus dem Geplätscher des Genres herausragen, der Rest dieses Albums verliert sich leider auch in Spannungsfreiheit und Klischees - Durchhören ist selbst für Freunde meditativer Sounds im Wachzustand unmöglich.
Der zweite Track „Calling Wisdom“ dagegen verzaubert mit einer Melodie, die bei aller Lieblichkeit und Harmonie nicht in Gleichförmigkeit abrutscht, zarte Glöckchen, Gongs und Flötenklänge werden von Synthiebassläufen getragen, die garantiert etwaige Raum- oder Anlagenprobleme im Tiefton aufzeigen. Diese wie mächtige Ozeanwellen durch den Raum flutenden Sequenzen sind allerdings nicht die einzige außergewöhnliche Anforderung an das Equipment und seine Umgebung, das schier endlose Ausklingen der winzigen Glöckchen gibt Aufschluss über das Feinauflösungsvermögen des Solo Music. Wie die Töne eines kleinen Windspiels aus Metall in seichter Brise schweben die Klänge hauchzart umher, das Solo Music unterschlägt nichts von ihrer filigranen Charakteristik, lässt das Glockenspiel kristallklar und frei von Härten erklingen.
Für besagte Bassläufe beweist die integriete Endstufe allemal ausreichend Stabilität und Leistung. Eine noch größere Herausforderung stellt das von Sieveking Sound angebotene Album „This is K2 HD Sound“ dar, eine Compilation diverser Interpreten und Musikstile, die das Klangpotenzial eines neuen Produktionsverfahrens demonstriert. Innerhalb der Arbeit an XRCDs entstand bei JVC über mehr als eine Dekade hinweg das Projekt K2 mit dem Ziel, die Masteringqualität noch weiter zu steigern ohne die Kompatibilität zum Red Book-Standard der CD aufzugeben. In der Tat eröffnet diese bei First Impression Music erschienene Demo-Disc eine bisher nicht gekannte Dimension digitaler Musikwiedergabequalität, die 100 Kilohertz/24 Bit-Produktion zeichnet sich durch überragenden Realismus aus. Gleich der erste Titel ist auch musikalisch ein Highlight: Eiji Oue dirigiert das Minnesota Orchestra durch den Symphonic Dance No. 1 von Rachmaninoff. Klanglich ist dieser viel zu kurze Auszug ein Lehrstück über „echte“ Dynamik, eines das Solo Music in beeindruckender Weise vermitteln kann.
Selbstverständlich werden bei derart anspruchsvollen Aufnahmen qualitative Unterschiede zu Ketten die aus größeren Einzelkomponenten zusammengestellt sind, hörbar. Maßgeblich für eine Bewertung des Solo Music sind jedoch zwei Tatsachen: Es bewahrt den Charakter solcher Produktionen statt sie zu karikieren und bereitet ein Klangerlebnis bei dem kritischen Zuhörern nicht das Wort „Kompromiss“ in den Sinn kommt. Weiterhin müssen konkurrierende Kombinationen deutlich größer, sprich kostspieliger, sein um das Allround-Talent in seine Schranken zu weisen. Das Arcam Solo Music bietet bei all seiner Praktikabilität und Funktionsvielfalt mehr als einen Ausblick auf audiophile Verlockungen, es bringt seine Besitzer mitten in dieses Vergnügen hinein.