Beflügelt
Darüber hinaus sind die rückwärtigen "Flügel" eine Komponente des Konzeptes zur optimalen Schallführung der Evolution: Sie kanalisieren die Luft, die aus der Bassreflex-Öffnung austritt. In selbige ist ein ringförmiges Dämmelement aus Schaumstoff eingesetzt; die Ventilation des Korpus und die Unterstützung des Tieftons erfolgt mit dem patentierten „Stealth Reflex“-System, einer Bassreflex-Abstimmung, die Ventilationsgeräusche vermeidet, Verzerrungen reduziert und die Reproduktion tieferer Frequenzen bei geringeren Gehäuseabmessungen ermöglicht.
Die Flügel des Exo-Skeletts spielen noch eine weitere Rolle bei der Resonanzkontrolle: Sie leiten verbliebene Schwingungen des Korpus zu einem definierten Punkt in Nähe der Bodenplatte, wo sich ein Element namens "Tuned Mass Damper" befindet. Diese Masse-reiche Scheibe wird dadurch zu minimalen Bewegungen angeregt und wandelt so die restlichen Vibrationen in Wärme um.
Wohin man auch blickt, die Guarneri Evolution ist überall hinsichtlich Resonanzen akribisch perfektioniert: Ihr mit 29 Millimetern Durchmesser üppig dimensionierter Gewebe-Hochtöner ist in eine schwingungsdämpfende Montageeinheit eingelassen.
Das für den Tief- und Mittelton zuständige Chassis weist einen Durchmesser von 179 Millimetern auf und ist damit für die Verhältnisse eines kompakten 2-Wege-Systems ebenfalls ungewöhnlich groß. Seine Membran wird aus luftgetrocknetem, nicht gepresstem Zellstoff gefertigt, versteift durch eine weitere Komponente, über die Sonus faber schweigt - für Kenner noch ein Leckerbissen, denn richtig gute Papiermembrane stehen immer noch zurecht in dem Ruf, eine herrliche Tonalität zu produzieren. Eine separate akustische Kammer bietet dem Tief-Mitteltöner beste Arbeitsbedingungen, Chassis und Kammer wurden aufeinander abgestimmt als Einheit entwickelt. Die asymmetrisch geformte Schallwand optimiert das Abstrahlverhalten beider Chassis. Natürlich ist die schlank gehaltene Frequenzweiche nur mit erlesenen Bauteilen wie Kondensatoren von Mundorf und Spulen von Jantzen bestückt.
Der zur Guarneri Evolution gehörige "Evolution Stand" geht optisch und technisch eine Symbiose mit dem Lautsprecher ein: Dieser ästhetische Sockel wurde selbstverständlich als Teil eines Gesamtkonzeptes von Lautsprecher und Stativ konstruiert. Er verhilft der Guarneri Evolution zu einer durchaus stattlichen, für mittelgroße Räume passenden Höhe und bringt sie in eine Neigung, die auf Hörabstände von etwa vier Metern ausgelegt ist. Sein „Low Vibration Transmission“-System entkoppelt die Säule mit einem Elastomer vom Untergrund, einem Werkstoff, der sehr schnell nach einer Verformung durch Vibrationen in seine definierte Form zurückkehrt und so als hochwirksamer mechanischer Puffer wirkt. Das zweite wesentliche konstruktive Merkmal des Evolution Stand wird etwas blumig "Anima Legata" genannt, was so viel bedeutet wie "seelisch verbunden": Zwei miteinander verwundene Stahlstangen, welche den innenliegenden Strang formen, der Boden- und Topplatte des Stands verbindet und exakt resonanzabgestimmt ist. Nun, ganz offenkundlich ist die Evolution ein Lautsprecher voller technischer Finessen, sie repräsentiert viel mehr eine Neu-Erfindung als eine Modifikation des Konzeptes Guarneri. Und was ist klanglich dabei heraus gekommen?