L'arte dell'Audia
Geduld wurde im Fall Audia immer gefordert und belohnt: Bis die Maschinen endlich ihr volles Klangpotenzial offenbarten, durften Zuhörer Zeugen einer locker einhundert Betriebsstunden dauernden, interessanten Entfaltung werden – trotz fünfzig Stunden Einspielzeit im Werk. Auf diese Prozedur gefasst waren die Erwartungen an das frisch ausgepackte Gerät relativ gering, denn früher zeigte sich zwar auch anfangs das große Potenzial der Elektronik, aber sie spielte fabrikneu nicht wirklich gut. Große Überraschung: Das hat sich geändert! Vom Start weg legt der Flight Three sehr gelöst, ungemein energisch und frei drauf los, gerade so, als wolle er demonstrieren, dass es nun auch sofort richtig zackig zur Sache geht. Eins fällt klanglich insbesondere sofort auf während Groove Salad läuft: Da grummeln, grollen und schieben so tiefschwarze, druckvolle Bässe, wie sie eigentlich ein so kleiner Vollverstärker nicht herausschleudern können dürfte. Eine Klangentwicklung während der ersten mindestens einhundert Stunden nach Werkeinspielen vollzieht sich indes auch beim Flight Three in allen Disziplinen, allerdings nicht in so gravierendem Maß, das wäre bei einem solch furiosen Antritt auch wirklich zu viel verlangt. Vor den abschließenden Hörtests hatte der Audia an die zweihundert Stunden Betrieb mit Musiksignal hinter sich, Repeat-Funktion und Internetradio sei dank.
Besonders im Tieftonbereich öffnen sich danach die Klangfarben noch weiter, die Palette dynamischer Abstufungen wird breiter; anfänglich klang der eine oder andere Bass ein wenig zu knorrig, leicht verspannt - diese Tendenz löst sich aber in Luft auf und macht Platz für noch mehr unverschämt potenten, gleichsam lässig federnden Bassdruck. Ebenso mühelos und unabhängig von der Lautstärke vermittelt der Flight Three einen in allen Dimensionen auffällig weitläufigen, jedoch nie gekünstelt aufgeblähten Raumeindruck, innerhalb dessen auch die Proportionen stimmen.
Dazu beweist der Dreier herausragendes Auflösungsvermögen und feindynamische Akribie, auch bei der Sonate in B-Moll von Frédéric Chopin, gespielt von Stefan Lindgren auf dem mal wieder exzellent produzierten Opus 3-Sampler „The Best of Audiophile Classics“, wobei die liebevolle Detailarbeit immer harmonisch in ein völlig schlüssiges, sehr spannungsgeladenes Ganzes eingewoben fließt. Kennzeichnend für sehr hochwertige Komponenten entzieht sich das Klangbild insgesamt typischen, polarisierenden Etiketten; ganz nüchtern gesagt klingt der Audia Flight Three einfach wie sehr breitbandige, sehr schnelle Elektronik mit ziemlich großen Leistungsreserven. Dennoch komme ich nicht umhin, auch die wonnevolle Differenzierung von Klangfarben hervorzuheben, ein so reichhaltiges Mitteltonspektrum entfalten beileibe nicht alle Verstärker ohne eine eigene Kolorierung ins Spiel zu bringen.
Schließlich dürfen zwei andere Aspekte keinesfalls unerwähnt bleiben, erstens: Die Qualität des Kopfhörerausgangs gestattet sogar, selbst einem Sennheiser HD 800 immerhin ein ganzes Stück weit klanglich auf die Spur zukommen, obgleich sie natürlich diesen Referenz-Kopfhörer legitimerweise nicht auszureizen vermag. Und zweitens: Zwischendurch haben sich auch unerwartet viele schwarze Scheiben gedreht, denn das Phonomodul des Flight Three ließe sich als dessen eigentliche Sensation bezeichnen, wäre nicht die zu diesem Preis überragende Klangqualität des ganzen Verstärkers derart spektakulär.
Für so einen außerordentlich großen Wurf mitten ins Schwarze gibt`s nur ein angemessenes Fazit, gestatten Sie mir deshalb die ungewohnt saloppe Ausdrucksweise: Das Teil ist wirklich der Hammer! Gratulazione!