Innere Werte
Die mit eng tolerierten Bauteilen bestückte Frequenzweiche verteilt sich auf zwei Platinen, die an den Innenseiten der Wangen auf Höhe der DPC-Einheit montiert sind. Ihre Schaltung ist ganz auf höchstmögliche Phasenlinearität hin ausgelegt worden und übergibt bei 1,2 Kilohertz an den Tiefmitteltöner. Ob man den S4b nun als 2,5- oder als 3-Wege-System bezeichnen muss, darüber ließe sich vortrefflich streiten, der Hersteller deklariert den S4b indes als 3-Wege-Konstruktion. Der 180-mm-Konustreiber ist ebenfalls im eigenen Hause entwickelt worden, seine in einer Gummi-Rundsicke aufgehängte, besonders dünne Membran wird aus mehreren Schichten Karbonfaser hergestellt. Mit Blick auf die Membranfläche und die hier wirkenden Kräfte - insbesondere eingedenk des geschlossenen Gehäuses - kommt an dieser Stelle ein anderes, noch steiferes Fasergeflecht zum Einsatz als bei den Kalotten. Zeit, den S4b »auf die Strecke zu bringen«.
Hörtest
Wenn man sich für die schon angesprochene Positionierung auf den optionalen Stativen entscheidet, darf man den Lautsprechern gern etwa eineinhalb Meter Platz zu den Seitenwänden geben. In den meisten Räumen dürfte sich demgegenüber was den Abstand zur Rückwand anbelangt ein ähnliches Bild ergeben wie in unserem Hörraum: Dort empfiehlt sich, eine Distanz von etwa 60 Zentimetern nicht zu überschreiten, damit der S4b in tiefen Lagen noch etwas Unterstützung von der rückwärtigen Wand bekommt. Da wir ein eingespieltes Paar erhalten haben, kann es nach kurzer Aufwärmzeit losgehen, den Anfang macht das flammneue Album des Matthew Shipp Trios. »World Construct« steht mit seiner intellektuellen Komponente ganz in der Schaffenstradition des Pianisten, allerdings sorgt nicht zuletzt die neue Besetzung mit Michael Bisio am Bass und Newman Taylor Baker am Schlagzeug für frische Akzente. Zudem verbinden hier fließende Melodiebögen die zahlreichen Versatzstücke; sie sind allerdings zumeist subtil eingeflochten und wollen zutage gefördert werden. Der S4b führt den Hörer hierbei mit seiner rhythmisch agilen, gleichsam feinfühligen Spielweise ganz selbstverständlich in den Kontext ein, mehr noch: Er findet bei »Jazz Posture« die Balance zwischen Ruhepolen und überschäumendem Agieren der Musiker, befreit diese Komposition dank seines souveränen Überblicks von jeder Sperrigkeit und legt ihren Reiz offen. Dabei stellt er Piano, Bass und Schlagzeug auf eine glaubhaft dimensionierte Bühne, die geradezu frappierend mühelos durchhörbar ist. Und wenn Newman Taylor Baker den Titel »Beyond Understanding« mit einer Improvisation an den Becken einleitet, verklingen die prachtvoll glänzenden Messingteller scheinbar endlos.
Eine großorchestrale Aufnahme soll nun zeigen, wie der kleine Perlisten-Lautsprecher mit komplexem Geschehen auf großer Bühne umgeht: Das Philadelphia Orchestra spielt unter der Leitung von Yannick Nézet-Séguin die Sinfonischen Tänze von Rachmaninow. Auch hierbei behält der S4b spielerisch leicht die Übersicht, ordnet alle Instrumentengruppen akkurat gestaffelt auf einer sehr weitläufig angelegten Bühne an. Dynamisch wächst dieser Kompaktlautsprecher bei gehobener Lautstärke über seine Physis hinaus, der S4b kann die Energie des Orchesters tatsächlich glaubhaft vermitteln und lässt im dritten Satz die Pauken mit all ihrer bedrohlichen Wucht grollen. Dann lässt die Streichergruppe aufhorchen: Die Violinen und Bratschen habe ich bei dieser Einspielung noch nie tonal so eindeutig voneinander abgegrenzt gehört. Der S4b präsentiert sich hier als analytisches Werkzeug par excellence und agiert gleichzeitig hochmusikalisch, indem er eine wahre Klangfarbenpracht entfaltet. Er verleiht den Celli ihren sämig-sonoren Charakter und stattet Violinen mit einer Strahlkraft aus, die die Augen feucht werden lässt: Sie treten im richtigen Moment glanzvoll-erhaben hervor, schillernd, durchdringend und lupenrein. Überdies ermöglicht der S4b mit einer nachgerade luziden Darbietung sogar, die Konturen einzelner Instrumentenkörper in den Reihen der Streicher auszumachen.
Lady Gaga sang 2014 an der Seite des großen Entertainers Tony Bennett für ein gemeinsames Album (»Cheek to Cheek«) - ein großartiges musikalisches Ereignis, das obendrein ausgezeichnet produziert wurde. Im Oktober diesen Jahres soll »Love For Sale« folgen; einstweilen darf man voller Vorfreude noch einmal genießen, wie das Duett die Ballade »But Beautiful« zum Besten gibt. Während die Pop-Ikone hier ihren gesanglichen Facettenreichtum demonstriert und sich stilsicher in diesen Klassiker einbringt, fasziniert der S4b mit einer Stimmreproduktion, die nur wenige Lautsprecher so authentisch vollbringen: Der Gesang von Tony Bennett und Lady Gaga wird nicht nur richtig proportioniert und messerscharf fokussiert abgebildet, es schwingt bei jeder Note das gewisse Etwas mit, das die beiden beinahe leibhaftig anwesend wirken lässt. Szenenwechsel nach dieser atmosphärischen Vorstellung: Der Techno-Track »Fuori« aus dem aktuellen Album »She Sleeps« von Deborah De Luca eignet sich ausgezeichnet, um die Nehmerqualitäten des kleinen S4b auszuloten. Nach einem beherzten Dreh am Lautstärkeregler folgt ein weiterer, doch der Perlisten zeigt sich vollkommen unbeeindruckt und beschallt unseren Hörraum mit einer Lautstärke, die andernorts die Nachbarn auf den Plan rufen würde. Dabei agiert der S4b völlig ungebremst und stellt die tiefen Bassläufe staubtrocken, kraftvoll und ultrapräzise konturiert in den Raum. Gratulation an Perlisten: Der S4b ist ein Ausnahme-Lautsprecher, mit dem man dauerhaft glücklich werden kann.