Canton Karat GS Edition im Test:Aufstellung und Hörtest
Der Karat GS Edition nimmt sich zwar optisch dezent aus, aber er ist nichtsdestoweniger ein ausgewachsener Standlautsprecher mit sehr potenten Basschassis. Als solcher sollte dieser Schallwandler unbedingt mit etwas großzügigerem Abstand zu den begrenzenden Wänden aufgestellt werden, nach hinten empfiehlt sich etwa einen halben Meter und seitlich einen Meter nicht zu unterschreiten. Das Anschlussterminal bietet die Möglichkeit, mit einer Bi-Wiring-Verkabelung Feintuning zu betreiben oder sogar Bi-Amping zu fahren, sprich, den Mittelhochton- und den Tieftonzweig mit separaten Verstärkern beziehungsweise Endstufen anzusteuern. Letzteres kann für Enthusiasten interessant sein, doch der Karat GS Edition ist dank seines ordentlichen Wirkungsgrads mit einem einzelnen, potenten Amp bestens versorgt. Wer die Bi-Wiring-Variante nicht nutzen möchte, belässt einfach die mitgelieferten, hochwertigen Kabelbrücken im Terminal. Selbiges ist mit Nextgen-Polklemmen vom Essener Steckverbinder-Spezialisten WBT bestückt.
Hörtest
Zum lockeren Einstieg streame ich das neue Album »Radical Optimism« von Dua Lipa über Tidal, auf dem die mittlerweile international sehr erfolgreiche britische Sängerin mit albanischen Wurzeln elf Fusion-Pop-Songs versammelt. Über die Feel-Good-Garantie hinaus ist »Radical Optimism« in erster Linie wegen der Gesangstimme von Dua Lipa interessant, die hier gegenüber früheren Alben weiterentwickelt wirkt. Für den Karat GS Edition hält die Instrumentierung keinerlei Herausforderung bereit, so viel wird binnen Sekunden klar, wenn bei »These Walls« die ersten Synthesizer-Beats erklingen: rhythmisch exakt auf den Punkt, voluminös und federnd. Nichtsdestotrotz machen sich hierbei die Agilität und quicklebendige Spielfreude des Karat bemerkbar, mit der er schnell den Fuß zum Wippen bringt. Mehr von seiner klanglichen Güte kann er dagegen bei den Vokalparts offenbaren, denn Dua Lipa gibt ihrer charakteristischen, facettenreichen Stimme mehr Spielraum und der Canton legt dabei jede Nuance des dunklen Timbres offen. Zudem bildet er die Stimme bei dieser gut gemachten Studioproduktion richtig proportioniert und in richtiger Höhe ab.
»Love In Exile« ist ein durch und durch faszinierendes Album, hier haben sich mit der pakistanischen Sängerin und Instrumentalistin Arooj Aftab, dem Pianisten Vijay Iyer (Piano, Synthesizer) und dem Multi-Instrumentalisten Shahzad Ismaily (Moog-Synthesizer, Bass) hochkarätige Musiker zusammengefunden, die sich in einem außergewöhnlichen Projekt gegenseitig befruchten. Die Stimmung des Albums ist von kontemplativen Melodien, meditativen Klangmalereien und einem Gesang geprägt, der mit Worten kaum zu greifen ist: Die Altstimme von Arooj Aftab, ihre Intonation, wirken noch tiefgründiger, wenn sie - wie zumeist - in ihrer Muttersprache Urdu singt und sich daher umso deutlicher ihre musikalischen Wurzeln offenbaren, die in der Qawwali-Musik liegen. Stimmige Proportionen gelingen dem Karat GS Edition auch bei dieser ausgezeichnet produzierten Session-Einspielung mit Leichtigkeit, die Gesangstimme wird messerscharf und plastisch abgebildet; dabei findet das Geschehen auf einer großzügig angelegten, akkurat gestaffelten Bühne statt, die sich völlig mühelos bis in die Tiefe hinein durchblicken lässt.
Der jetzt gehörte Facettenreichtum, der völlig natürliche Klang der Gesangstimme, das entfaltet augenblicklich eine Sogwirkung, der man sich unmöglich entziehen kann. Längst hat die höchst atmosphärische Darbietung des Karat GS Edition einen Schwebezustand ohne Zeitgefühl hervorgerufen, als bei »Eyes Of The Endless« abgrundtiefe Bassläufe und eine mächtige Trommel aus dem Synthesizer plötzlich die Aufmerksamkeit zurück auf einen klanglichen Aspekt lenken: Der schmale Lautsprecher zeichnet tiefste Register locker-flockig durch und stellt die große Synthesizer-Trommel mit geradezu ehrfurchtgebietender Wucht in den Raum - phänomenal!
Das kürzlich veröffentliche Album »Images« der italienisch-niederländischen Konzertpianistin Saskia Giorgini widmet sich Klavierstücken von Debussy - hier treffen besonders stimmungsvolle Werke und eine virtuose Spieltechnik aufeinander. Wir werden sehen, ob sich der Karat GS Edition als Spielpartner auf Augenhöhe mit derart anspruchsvoller Kost erweisen kann, schließlich gehört die glaubhafte Wiedergabe eines Konzertflügels zu den Königsdisziplinen. Doch auch hierbei lässt dieser Lautsprecher schon nach wenigen Takten keinerlei Zweifel darüber zu, dass er sich bei dieser Instrumentierung pudelwohl fühlt: Er zeichnet ein reliefartiges Abbild des Flügels und stellt dessen Resonanzkörper souverän in vollem Umfang dar. Bei den für das Album namensgebenden Images (L. 110 No. 1-3 & L. 111 No. 1-3) lädt der Karat GS Edition zu einem Bad in Klangfarben ein, entfaltet die ganze tonale Pracht des Flügels, von erdig-holzigen Noten bis zu kristallklaren Perlen. Und auch mit den fließenden Melodien geht er äußerst feinfühlig um, tänzelt anschließend beim dritten Stück »Mouvement« mit Saskia Giorgini freudig durch die Melodie - ein Hochgenuss!