Tiefe Basswiedergabe dank Isobarik
Diese Downfiring-Positionierung zweier innenliegender Chassis in einer vertikalen Achse ist schon recht unkonventionell, aber der eigentliche »Trick« besteht bei diesem Bassabteil darin, dass die beiden Tieftöner phasengleich angesteuert werden und in einem gemeinsamen, geschlossenen Volumen arbeiten. Die Koppelung der Chassis bei einer solchen sogenannten isobarischen Anordnung ermöglicht der schlanken Säule eine tiefreichende, kraftvolle Basswiedergabe mit einem kleineren Volumen und minimiert Nicht-Linearitäten zwischen den Treibern. Im Vergleich zu einem einzelnen Treiber, der dieselbe Membranfläche wie das Duo hat, und in einem größeren Volumen arbeitet, fällt der Wirkungsgrad einer isobarischen Konfiguration allerdings etwas geringer aus. Bob Surgeoner kompensiert diesen Effekt ein wenig mithilfe der Frequenzweichenfilter und einiger Anpassungen der Konustreiber, die Peerless nach seinen Spezifikationen herstellt. Ihre beschichteten Papiermembrane sind in Einfach-Rundsicken aufgehängt.
Die ebenso wie die anderen Gehäuseteile aus MDF hergestellte Schallwand ist auf das Frontpaneel aufgesetzt und mit einer dünnen Polyethylenmembran vom Korpus entkoppelt. Ein auf Höhe des Hochtöners platziertes seitliches Profil optimiert dessen Abstrahlverhalten und vermeidet Kantenreflexionen. Das handgefertigte Gehäuse ist bereits aufgrund seiner Aufteilung in drei Sektionen sehr stabil und trägt in Sachen Resonanzoptimierung die Handschrift eines Instrumentenbauers: Anstatt den Korpus gänzlich auf akustische Neutralität zu trimmen, setzt Bob Surgeoner unter anderem mithilfe der Wandstärken eine feinfühlige Abstimmung der Resonanzfrequenzen gezielt ein.
Praxis & Hörtest
Bei ihrer Aufstellung erweist sich die Orkestra als unkompliziert und kann wie schon angesprochen recht nah an der Rückwand stehen, sie bleibt noch bei 30 Zentimetern Distanz tonal ausgewogen. Wer ihre Abbildungsfähigkeiten ausreizen will, sollte sie dennoch mit etwa einem Meter Abstand zur Rückwand und mindestens eineinhalb Metern Platz zu den Seiten aufstellen. Außerdem sollten die Lautsprecher leicht auf den Hörplatz eingewinkelt werden. Während diese Faustregeln für die meisten größeren Lautsprecher gelten, empfehlen sie sich für die Orkestra insofern besonders, als sie eine räumliche Darstellung vollbringt, die man nicht alle Tage zu hören bekommt: Bei »Carried Away« aus dem Album »This Is The Day« vom Giovanni Guidi Trio reicht der Schlagzeug-Aufbau weit über die Lautsprecher-Basis hinaus und in die Tiefe des Raumes hinein, dabei leuchtet die Orkestra die minutiös gestaffelte Bühne Zentimeter für Zentimeter wie mit einem Flutlicht aus. Gleichzeitig stattet sie den Kontrabass von Thomas Morgan bei seinem einleitenden Solo mit sonorem Charakter aus und differenziert kleinste tonale Schattierungen in den untersten Oktaven.
Bei der remasterten Konzertaufzeichnung »Pure: Live @ P3« der niederländischen Gothic Metal-Band Nemesea stellt die Orkestra eindrucksvoll ihre Pegelfestigkeit unter Beweis, zeichnet die Gitarrenbretter beim Intro zu »In Control« kraftvoll durch und verleiht der Bassdrum ordentlich Gewicht. Als sich dann die Bassgitarren in den Vordergrund spielen, legt sich der vergleichsweise zierliche Lautsprecher geradezu leidenschaftlich ins Zeug: Die Orkestra packt energisch zu, lässt die Bässe herrlich druckvoll und knochentrocken klingen. Das Remix des House-Klassikers »The Age of Love« von Charlotte de Witte und Enrico Sangiuliano stellt mit seinen abgrundtiefen Bass-Sequenzen ganz andere Anforderungen, doch die Neat meistert auch diese Herausforderung mit Bravour, schiebt die mächtigen Tieftongebilde scheinbar mühelos in den Raum und bringt die erdige Charakteristik der federnden Beats voll zur Geltung.
Die britische Songwriterin und Sängerin Joy Crookes schlägt auf ihrem Debütalbum »Skin« sanftere Töne an und schafft mit sorgsam arrangierten O-Ton-Collagen von Londoner Locations eine stimmungsvolle Atmosphäre, die mit diesem Lautsprecher augenblicklich überspringt. Die Orkestra entwirft ein weitläufiges, dreidimensionales Klangpanorama, in dem jede Tonspur exakt fokussiert und unverrückbar an ihrem Platz steht. Zugleich richtet sie bei »Unlearn You« einen Scheinwerfer auf die Stimme und bildet sie gestalthaft ab. Dabei gelingt nicht nur die Höhe und die Proportion der Abbildung glaubhaft, die Orkestra macht zudem jede Nuance ihrer Intonation erfahrbar und lässt die gereift wirkende, facettenreiche Soul-Stimme der jungen Sängerin völlig natürlich klingen. Diese bruchlose Darstellung sorgt beim aktuellen Album »The Messenger« von Hélène Grimaud dafür, dass der messerscharf gezeichnete Konzertflügel mit all seinem Klangfarbenreichtum und seinem Resonanzkörper jetzt auch tonal wie eine Einheit wirkt, der die Noten entspringen. Zudem bildet die Orkestra den dynamischen Umfang des Flügels glaubhaft ab und hüllt die Violinen bei »The Messenger« in der Fassung für Klavier und Streicher von Valentin Silvestrov in seidigen Glanz - ein Lautsprecher, mit dem man in allen Lebenslagen glücklich werden kann!