Der Wendepunkt
Ich hatte, genauso wie viele andere, ein Stück weit verlernt mit den eigenen Sinnen zu gehen, Musik wieder wirklich an mich ´ran zu lassen. Aber wie konnte das bloß geschehen? In meiner Jugendzeit, inmitten der unerträglichen Leichtigkeit des Seins, drehte man den ersten HiFi-Turm auf und war mittendrin. Mitten in allem, was damals wichtig war: Es war laut, es war satt und es taugte zur Provokation. Es machte deutlich mehr her als das bis dahin Gewohnte und es war schlicht gut so. Kein Hinterfragen, kein Gedanke an Authentizität. Und kein wirkliches mit den Sinnen hören. Denn die Unbeschwertheit jener Musikstunden währte nur so lange, wie man nicht wirklich zugehört hat. Ich weiß bis heute nicht, wann genau und warum das passiert ist, aber irgendwann habe ich genau hingehört.
Die Unbeschwertheit jener Musikstunden währte nur so lange, wie man nicht wirklich zugehört hat
Sicherlich ist ein wichtiger Aspekt dabei die Erkenntnis, dass man die Anlage für sich selbst gekauft hat und nicht, um andere zu beeindrucken. Spätestens wenn man akribisch Lautsprecher positioniert und dafür den ersten Spott erntet, wird einem das klar. Und wenn es dann besser klingt als vorher, ja, das ist ein wirklich befriedigender und beglückender Moment. Zum ersten Mal hat man die eigene, untrügliche Intuition vom richtigen Klang zum Maßstab genommen, allen Ignoranten zum Trotz. Natürlich klingt es besser, nicht ein bisschen, sondern entscheidend - das hört man doch! Und dann kommt der Wendepunkt: Will man die eigene Fantasie arg bemühen müssen, damit im Kopf ein glaubhaftes Musikerlebnis entsteht?

Ich wollte es nicht, und so war ich tief im Grunde meines Herzens High-Ender noch bevor ich 20 Schallplatten besaß. Die übliche Sozialisation nahm ihren Lauf, ich tingelte durch High-End-Studios, verbrachte Samstag Nachmittage vor klingenden Vermögen, erweiterte meinen Horizont und träumte. Viele Jahre und viele Anlagen später hatte ich das Glück, meine beruflich schreibende Tätigkeit mit meiner Leidenschaft für exklusive Musiksysteme verbinden zu können. Wenn aus dem Hobby Beruf wird, ändert sich recht schnell sehr vieles: Manch Schleier eines Nimbus wird gelüftet und man bekommt als Redakteur die volle Breitseite aller liebenswerten Kuriositäten mit, die diese Branche so bunt macht. Vor allem fehlt jedoch plötzlich etwas: Die Distanz zu den Ikonen, diese verzaubernde Unerreichbarkeit, aus der sich so wunderbar Träume spinnen und Ideale küren lassen.
Aus dem Musikhören wird schnell das Gegenteil dessen, was es ganz zu Anfang war: rein analytisches, trainiertes Hören, immer auf der Suche nach dem, was nicht perfekt ist - das gehört nun einmal zum Job. Auch in privaten Stunden blieb da der Spaß häufig auf der Strecke, sei es, weil man den Testmodus nicht mehr abschalten konnte oder weil das eigene Equipment schlicht nicht ansatzweise mithalten kann mit dem, was die Ohren im Redaktionsalltag verwöhnt.
- Diese hervorragende Einspielung entfesselt die furiose Dramatik der Firebird Suite in fundamental ergreifender Weise
- Ein zeitloser Klassiker mit mal geradezu beklemmender, dann wieder fast euphorischer Atmosphäre: „The Last Resort“ hört man am besten durch. Eins der Alben, nachdem man eine Weile keine Lust hat, ein anderes zu hören - das muss nachklingen
- Hélène Grimaud - was immer sie bisher getan hat, hat mich einfach tief berührt. Die Leichtigkeit ihres Spiels und ihr untrügliches Gespür für eine ganz eigene, den Werken besonders entsprechende Interpretation faszinieren mich nachhaltig. Mit unseren Redaktions-Referenz-Arbeitsgeräten von Audionet bleibt keine Subtilität verborgen - ein Hochgenuss!