Was bleibt ist Musik:
Der optimierte Hörraum von Audionet
Reportage von Marius Donadello 15. April 2009
Audionet-Chef Thomas Gessler ist sicherlich kein Mensch, der zu Übertreibungen neigt. Wenn er sagt, er möchte uns etwas vorführen, was wir so wahrscheinlich noch nie gehört haben, darf man wirklich gespannt sein. Bei diesem Besuch stehen keine Komponenten oder Kabel im Vordergrund, sondern das, was bei ihrer Arbeit den Rahmen bildet: AV-Magazin ist eingeladen, den frisch fertig gestellten Hörraum von Audionet zu erleben.
Besonders für uns Qualitätsenthusiasten unter den Musikfreunden ist das Thema Hörraum oft ein in gewisser Weise ungeliebtes, denn schon eine kleine Portion Realismus hinterlässt eine Note bitteren Beigeschmacks: Man weiß, die gravierendste Einflussgröße der Wiedergabequalität ist der Raum, in dem die Anlage spielt. Und man weiß auch, nichts ist so aufwändig zu optimieren wie eben der Hörraum, stets bleibt die nagende Gewissheit von der eigenen Anlage nicht alles geboten zu bekommen. Von monetären Hürden einmal abgesehen soll es ja immerhin auch unter uns audiophilen Junkies Leute geben, die Platz für andere lebensweltliche Facetten wie Partner, Kinder und heimische Ästhetik lassen. Wer sich nicht in der selten glücklichen Lage befindet, seiner Leidenschaft in einem separaten Musikraum frönen zu können, muss folglich Lebensraum und Hörraum in den gleichen vier Wänden unter einen Hut bringen. Keine leichte Aufgabe, die letztlich nur zu lösen ist, indem man mit einem guten Kompromiss seinen Frieden schließt – theoretisch betrachtet, in der Praxis lässt sich unter durchschnittlichen Bedingungen tatsächlich mehr erreichen, als die meisten Optimierungsfreudigen ahnen und das Wort Kompromiss verspricht.
Audionet-Chef Thomas Gessler allerdings sind Kompromisse, so klein sie auch sein mögen, ein Dorn im Auge. Sie stellen für jemanden, der die Bedeutung von High End uneingeschränkt genau und ernst nimmt einen natürlichen Feind dar, quasi per definitionem. Seit die Geschichte Audionet vor fünfzehn Jahren aus der Idektron Unternehmens- und Technologieberatung heraus geboren ihren Lauf nahm, bildet ein einfacher Grundsatz den Leitfaden aller Entwicklungen: Audionet-Komponenten sollen den geringst möglichen Informationsverlust zwischen Tonträger und Hörer gewährleisten. Hinter dieser nüchternen, prinzipiell einfachen Maßgabe steckt freilich nicht nur der alles entscheidende Anspruch in Sachen authentischer Musikwiedergabe, sondern immenser Aufwand an allen für eine seriöse Produktentwicklung nötigen Stellen. Dazu zählt neben einem Park modernsten Messequipments, bei Audionet das Reich von Chefentwickler Bernd Sander, selbstverständlich auch das Umfeld, in dem Komponenten gehört werden, denn eigentlich hören wir viel mehr einen Raum, als die Anlage, die darin spielt. Ein Hörraum, der als solcher keinerlei störenden Einfluss auf das klangliche Resultat ausübt, erleichtert deshalb die verlässliche Beurteilung des Wiedergabesystems enorm und leistet als Entwicklungswerkzeug überaus wertvollen Dienst.
Mit dem für das Projekt Audionet typischen Sinn für Perfektionismus begann das Team also vor rund zwei Jahren zusammen mit dem Raumakustik-Spezialisten Uwe Kempe aus vier Rohbauwänden, die etwa so gut klangen wie eine Badehalle, einen zum Musikhören optimierten Raum aufzubauen.