Interview zum Test der T+A Criterion TS 350
AV-Magazin Redakteur Philipp Schäfer im Gespräch mit Siegfried Amft, Geschäftsführer von T+A.
AV-Magazin: Welche Intention hatten Sie bei der Erschaffung der Criterion-Serie, für wen ist sie gemacht?
Siegfried Amft: Die CRITERION Serie gibt es seit 1982! Immer als Transmissionline Prinzip. Dieses haben wir im Lauf der Jahre stetig verbessert und an die (leider) immer kleiner werdenden Gehäuse angepasst. Wir wenden uns damit an audiophile Hörer, die natürliche Basswiedergabe schätzen.
AV-Magazin: Sie verwenden die Transmissionline-Technik. Wo sehen Sie den Vorteil gegenüber dem verbreiteten Bassreflex-Prinzip?
Siegfried Amft: Es gibt zwei wesentliche Vorteile.
1. Die Eigenresonanz der Tieftöner wird sehr gut bedämpft, dadurch ist der Bass sehr sauber.
2. Die Gehäuse sind durch die zusätzlichen inneren Schallführungen extrem fest und steif, keine Abstrahlung des Basses über Gehäusewände, das verbessert die Präzision.
AV-Magazin: Welche Auswirkung hat die Positionierung des Hochtöners zwischen Bass- und Bassmitteltöner auf die Richtwirkung des 2,5-Wege-Systems?
Siegfried Amft: Der untere Lautsprecher arbeitet als reiner Bass und wird bei ca. 200 Hertz abgekoppelt, interferiert also nicht mit dem Hochtöner. Das obere Chassis ist ein Tief-Mitteltöner, der bis ca. 2000 Hertz arbeitet. Würde man bei einer relativ niedrigen Box wie der TS 350 den Hochtöner ganz nach oben setzen (über den Mitteltöner), würde sich die akustische Achse nach unten neigen und in größerer Entfernung zu Hochtonverlust führen. Durch unsere Anordnung steigt die Achse leicht an und damit bleibt das Klangbild auch in größerer Entfernung erhalten.
AV-Magazin: T+A verbaut Bi-Wiring-Terminals in der Criterion-Serie. Warum nicht Single-Wiring?
Siegfried Amft: Die Verwendung von Bi-Wiring macht durchaus Sinn, weil die TS 350 große Pegel verarbeiten kann, die zwangsläufig zu hohen Strömen in den Lautsprecherleitungen und damit starken Magnetfeldern führen. Die Trennung der Kabel kann deren Einfluss für den Hochtonbereich verringern. Bei Lautsprechern wie der TS 300, die einen reinen Mitteltöner hat, ist dies noch wichtiger, denn dort werden Mittel- und Hochtöner in jeweils einem Zweig und die Bässe in jeweils einem Zweig zusammengefasst.
AV-Magazin: Transmissionline-Lautsprecher neigen zu einem welligen Pegelverlauf im Oberbassbereich. Wie haben Sie das in den Griff bekommen?
Siegfried Amft: Wie bereits gesagt haben wir viel Erfahrung mit TMLs und das Problem der Welligkeit mit verschiedensten Mittel bekämpft. Seit einigen Jahren haben wir es endgültig gelöst, indem wir die Line mit einem speziellen Absorberschaum bedämpfen, der zu höheren Frequenzen stärker absorbiert und indem wir die Tieftöner schon sehr früh (<200 Hertz) abkoppeln. Dies ist möglich, seitdem es Mitteltöner gibt, die auch hohe Pegel mit geringer Amplitude bei 200 Hertz abstrahlen können, deshalb haben unsere Criterion immer extrem aufwändige Mitteltöner. Der Tiefmitteltöner in der TS 350 ist deshalb in einem eigenen Gehäuse untergebracht und an die Line nur bei tiefen Frequenzen angekoppelt. Im Mitteltonbereich arbeitet er wie in einem geschlossenen Gehäuse.
AV-Magazin: Wie würden Sie das Verhältnis zwischen subjektiver Klangabstimmung per Gehör und rationeller Messergebnis-Analyse bei der Entwicklung eines T+A-Lautsprechers beschreiben?
Siegfried Amft: Wir legen sehr viel Wert auf Messtechnik, ein Produkt kann nur gut sein, wenn es auch gute Messwerte hat: Damit hat man bereits 60 Prozent erledigt, dies gilt sowohl für Chassis als auch für die Gehäuse und Weichen. Schlechte Daten wie hohen Klirr, langsames Abklingen oder starke Bündelung durch falsche Weichenauslegung hört man sofort. Die Optimierung einer messtechnisch sauber entwickelten Box ist viel aufwändiger und braucht auch viel Zeit, verschiedene Räume, unterschiedlichste Musik und verschiedene Tester. Und natürlich gibt es bei uns immer ein Nachvollziehen und Korrelieren des Gehörten durch erneute Messungen.
AV-Magazin: Beschreiben Sie Ihr persönliches Verhältnis zu Lautsprechern und den Einfluss auf die Entwicklung.
Siegfried Amft: Wir erarbeiten die Klangcharakteristik im Team, da sind sowohl Entwickler als auch Vertriebsleute dabei. Die endgültige Festlegung bei Feinheiten mache ich. Ebenso bei Lautsprechern die Konzeption, Festlegung der Chassis und Feinabstimmung der Weiche. Lautsprecher sollen nach unserer Vorstellung so natürlich und ehrlich wie möglich sein. Ich lehne "Sound" oder "Effekt" entschieden ab! Außerdem sollen unsere Lautsprecher für ein breites Musikspektrum geeignet sein. Ist vielleicht ein bisschen altmodisch aber letztendlich auf lange Sicht besser, denn wenn man ständig kurzzeitigen Modeabstimmungen hinterher rennt, müsste man ja ständig die Lautsprecher tauschen. Wir haben festgestellt, dass unsere Kunden extrem an ihren alten Lautsprechern hängen (leider viel zu lange), deshalb ist unsere "Neutralitätsphilosophie" sicherlich richtig gewesen.
AV-Magazin: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Amft.