Präzisiert
Rein sachlich betrachtet mag man die Diskussion um Neutralität von High End-Komponenten für überflüssig beziehungsweise erledigt halten, die Produktrealität und auch die Wahrnehmung vieler Musikfreunde sieht jedoch anders aus. Für den Spaß an involviert klingenden Geräten gibt es nachvollziehbare und selbst erfahrene Anlässe, die maßgeblich im klanglichen Vermögen etlicher "tugendhaft" abgestimmter Komponenten begründet sind: Vermeindlich neutrale CD-Spieler lassen die Musik zurückhaltend und seltsam abwesend klingen. Anderenfalls treten bestimmte Charakteristika des Players als solche hervor, wie beispielsweise ein besonders flinkes Timing - ausschlaggebend für die Bewertung dieser klanglichen Signaturen ist dann schlicht die Frage, ob sie nun gefallen oder nicht. Der Eindruck von Virtualität kommt allerdings nur dann auf, wenn es mit der Tonträgertreue letztlich nicht weit genug gediehen ist; dann machen interpretatorische Komponenten in der Tat mehr Freude.
Klar: Audionet-Komponenten grenzen sich klanglich weit von solchen Soundmaschinchen ab und sind präzise genug um deshalb "erwachsenen" Spaß zu bereiten. Also galt es eigentlich bloß herauszufinden, wie weit genau es der ART G2 schafft an die Realität der Aufnahmen heranzureichen. Wie im Vorfeld erwartet, entwickelte sich in der Auseinandersetzung mit dem ART G2 schnell jene eigentümliche Wandlung vom gewohnten, zwar leidenschaftlichen aber letztlich professionellen Umgang mit Testgeräten hin zu einer intensiven, beziehungsähnlichen Beschäftigung mit der Komponente und der Tonträgersammlung, die zwischenzeitlich vergessen lässt, dass man hierüber einen Text zu produzieren hat. Wie weit diese Entdeckungsreise gehen würde und welch vereinnahmenden Charakter sie bekam, war dagegen so nicht unbedingt erwartbar - noch ein Glücksmoment. Obgleich weite Teile des Hörtests ohne die zusätzlich erhältliche externe Stromversorgung EPS vollzogen wurden und die durch sie erreichte Qualitätssteigerung nicht in unsere Bewertung einfließt, habe ich den ART G2 abschließend auch mit seit Kurzem angebotenen hauseigenen Kabel gehört: Dem in eineinhalb Metern Länge für moderate 375 Euro erhältlichen Audionet-Netzkabel P10 sowie dem Audionet-NF-Kabel C100 zum Meterpreis von 1.590 Euro mit WBT Nextgen 0102 Cu oder Neutrik HD XLR konfektioniert. Über deren klangliche Eigenschaften sei an dieser Stelle nur so viel gesagt: P10 und C100 sind klar nachvollziehbar sehr hochwertige, weit überdurchschnittlich klangneutrale und signaldurchlässige Kabel.
Musik wird ja gern als universale Sprache bezeichnet, bestimmte Klangerlebnisse und die Gefühle, die Musik auszudrücken und zu wecken vermag dagegen in Worte zu fassen, kann letztlich kaum hinreichend gelingen. Ähnlich verhält es sich mit der Performance des ART G2: Gängige Begrifflichkeiten erscheinen zu inflationiert, um dem Erlebnis gerecht zu werden. Vollkommen gleichgültig welche Stilrichtung und Produktionsqualität man hört, der ART G2 vermittelt das Gefühl zum ersten Mal ein Puzzle vollständig und richtig zusammengesetzt zu entdecken.